http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1992/0127
er sich der Bedeutung des gotischen Baues bewußt und stimmte seine eigene Turmkonstruktion
auf den Münsterturm ab, obwohl er, der Tennenbacher Klosterkirche
entsprechend, den romanischen Stil verwendete. Die Projekte Ende des Jahrhunderts
zeigen dagegen eine konkrete Stadtplanung, bei der sich die einzelnen Architekten an
den Wünschen der Stadtverwaltung orientierten, die in Freiburg einen Kreis von Türmen
um das Münster entstehen lassen wollte. Diese Türme sollten sich mit dem ro-
manischen Stil oder dem romanisch-gotischen Ubergangsstil auf die ausgereifte Gotik
hin entwickeln und diese damit in ihrer Wirkung unterstreichen. Ein gotischer
Bau, den ein gotisch bauender Architekt wie Meckel vielleicht erstellt hätte, war
nicht erwünscht, um einen angemessenen stilistischen Abstand zum Münsterturm
einzuhalten und somit jede mögliche Konkurrenz auszuschließen. Deshalb wurde
Meckel die Auflage gemacht, die Herz-Jesu-Kirche im romanischen Stil zu errichten.
Baer hat mit seinem gotischen Plan für den Turm der Martinskirche auch keinen Er™
folg erzielt, obwohl sich Dürrn als Sachverständiger für das Projekt aussprach. Denn
der Grund für die Ablehnung war bestimmt nicht die Standortfrage allein. Hier war
auch die Wahl des Stiles ausschlaggebend. Sonst wäre der Turm letztendlich nicht
mit verhältnismäßig schlichter Dekoration und romanischen Elementen entstanden,
wofür freilich auch der alte Baubestand des Kirchengebäudes sprach. Auch die Christuskirche
und die Johanneskirche sind im romanischen Stil errichtet worden. Dabei
wird besonders bei der Johanneskirche in der Festschrift auf die stilistische Absetzung
vom Münster hingewiesen. Hier wird klar gesagt, daß eine stilistische Verbindung
zum Münster nur an dessen schlichten und strengen Teilen, dem romanischen
Stil der Querhausarme, gesucht werden soll. Die Kirche, die sich in ihrem Bauweise
an die älteren Teile des Münsters anschließen, betonen dieses somit als einzigen gotischen
Bau.
Die zwei großen Kirchen, Johannes- und Herz-Jesu-Kirche, bekamen ihre Doppel-
turmfessaden, um einen Kontrast zur Einturmfassade des Münsters herzustellen. Die
übrigen Kirchen waren für zwei Fassadentürme sowohl wegen der geringeren Größe,
als auch wegen der weniger exponierten Lage an schmalen Straßen ungeeignet. Die
Johannes- und Herz-Jesu-Kirche kommen auf ihren großen, freien Plätzen gut zur
Geltung und sind weithin sichtbar. Während die Johanneskirche durch ihre Lage an
einem Verkehrsknotenpunkt hervorgehoben wird, erhält die Herz-Jesu-Kirche ihre
Wirkung durch ihre erhöhte Lage auf dem Plateau und ihre frontal der Stadt zugewendete
Doppelturmfassade. Die zusätzlich über die Bahnlinie errichtete Brücke schließt
sie an die Innenstadt an. Auch die neue Straßenbahnbrücke gibt durch ihren Verlauf
interessante Ansichten von der Kirche und zieht ihren Blick jetzt über die breite Bertoldstraße
in die Altstadt hinein. Im Stadtbild kommt sie heute gerade auch von Westen
, von der Sundgauallee her, mit dem Münsterturm zusammen gut zur Geltung.
Die Christuskirche aber ist von der Innenstadt abgewendet und sucht ihre Bezugspunkte
nur in der Platzgestaltung des Stadtteiles. Daß sie dabei auch mit ihrem überhöhten
Turm den vom Stadtrat verlangten Beitrag zu einer vieltürmigen Silhouette
leistet, zeigt die unterschiedlichen Ansichten von Architekt und Stadtrat. Während
der Stadtrat schon eine gezielte Vorstellung von der gesamten baulichen Entwicklung
der kommenden Jahre haben mußte, stand für Diemer die direkte Umgebung seiner
Kirche im Vordergrund.
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