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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 150
(PDF, 29 MB)
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Krieg über diese Leute hinweg. Tum zweitenmal wurde ihre Ernte vernichtet. Vieles
hat der Krieg ihnen geraubt. Die, welche über keine Wagen verfugten, schleppten,
was sie tragen konnten, auf dem Rücken. Keine Behörde, keine Organisation kümmerte
sich um die Leute. Von den Soldaten anderer österreichischer Völker wurden
die Galizier wie Feinde behandelt oder noch schlechter. Gegen das Elend, das die
Bevölkerung in den Kriegsgebieten ertragen mußte, schrumpfte das, was unsere Heimat
zu ertragen hatte, auf etwas ganz Kleines zusammen.10

Ich habe auch die Erinnerungsblätter deutscher Regimenter, soweit sie von badischen
Einheiten handeln, gelesen. Da findet man von all dem nichts. Nur Heldenmut
und Sieg und Opfertaten. Spannend vieles, vielleicht auch authentisch, aber durch die
Brille der Offiziere gesehen. Auch die überaus lebendigen Berichte in dem Prachtband
von Oberstleutnant a. D. Müller-Loebnitz, „Die Badener im Weltkrieg44, sind,
verglichen mit den Berichten der von mir zitierten Zeugen, doch eher Kriegspoesie
.21 Es mag ja passiert sein, wie bei Müller-Loebnitz erzählt wird, daß ein Verwundeter
im Lazarett aufwachte mit zerschossenem Bein und vor lauter Freude, in
einem Bett zu liegen, „O Schwarzwald, o Heimat, wie bist du so schön" zu singen
begann, und alle im Saal sangen mit.

Dabei sind die Zeugen, auf die ich mich berufe, keine „linken Verräter"; im Gegenteil
, sie waren und blieben Patrioten wie die allermeisten in der Armee, ein wenig
auch Lokalpatrioten, wie folgende Passage aus Englers Erinnerungen bezeugt: Badener
und Ostpreußen vertrugen sich gut, auch zu den Schlesiern standen wir gut. Der
letzteren Dialekt klingt etwas an den alemannischen an. Weniger herzlich war das
Verhältnis der Badener zu den Kameraden aus der Magdeburger Gegend. Die Niedersachsen
mit ihrem korrekten Hochdeutsch blickten immer mit einer gewissen mitleidigen
Überlegenheit auf uns Alemannen und Badener herab, weil wir doch nicht
recht Deutsch könnten. Mir tun solche Leute, welche die Schönheiten des alemannischen
Dialekts nicht heraushören, immer leid.11 Und Engler zitiert den Freiburger
Oberbürgermeister Winterer, bei dem das Alemannische immer durchklang und der
oft meinte, die alemannische sei die schönste von allen deutschen Mundarten; sie
hätte zur Grundlage unserer Schriftsprache gemacht werden sollen!

Und noch einen Vorzug der Alemannen nennt Engler: Wir Badener konnten uns
auch mit den Polen gut verstehen, während dies von den Preußen nicht gesagt werden
kann. Selbst die Unteroffiziere, die aus Ostpreußen stammten und sonst prächtige Menschen
waren, die keinem Soldaten einen Schimpfnamen sagten, fanden nichts dabei,
einen polnischen Oberschlesier oder Westpreußen ,freundlichu mit „polnisches Edel-
schweiniS anzureden. Nie sprachen sie einen Polen mit dem richtigen Namen an.23

Engler hatte selbst als Chef einer Gulaschkanone einen Polen als Koch: Friechel
hieß er. Wenn ich ihm sagte: „Friechel, jetzt haben sie uns wieder eine Axt gestohlen
'4, so sagte er: „Werde ich besorgen, Herr Unteroffizier!" Sicher war am andern
Tag wieder eine Axt vorhanden. Einmal wurde uns alles Werkzeug, das wir bei der
Küche hatten, gestohlen. Friechel hat alles wieder besorgt. Gegenüber seinen Kameraden
war er aber ein ganz ehrlicher Mensch.1A Engler vergißt nicht zu erwähnen:
Friechel war ein Pole, der aber keinen Schnaps trank. Und beim Abschied sagte Friechel
zu ihm: Werd* sich nie vergessen, Herr Unteroffizier mir hat nie Schimpfnamen
gesagt15

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