Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 198
(PDF, 29 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1992/0200
Ein anderes Verlagerungsprojekt von Daimler-Benz war das Projekt Goldfisch in
Obrigheim am Neckar, In die dortige Gipsgrube Friede verlagerte das Genshagener
Daimler-Werk 1944 seine Flugmotorenproduktion. Auch hier gruben tausende von
KZ-Insassen und andere Zwangsarbeiter Stollen in die Erde und bauten die Produk™
tionsanlagen auf. Rings um das Werk entstand eine Kette von einem Dutzend Lagern*
in die die Arbeiter gepfercht wurden. Obrigheim war das größte Verlagerungsprojekt
des Konzerns, die Zahl der Häftlinge ging gegen 3000. Sie waren als Hilfsarbeiter
beim Straßen- und Gleisbau tätig, beim Barackenbau, beim Stollenausbau, beim Bau
der Außenanlagen und Versorgungseinrichtungen sowie bei verschiedenen Belade-
und Transportkommandos.77

Nicht nur der Daimler-Benz-Konzern beutete gegen Ende des Krieges in Baden
Häftlinge als Arbeitssklaven aus. Etwa zur gleichen Zeit ließen die Friedrichshafener
Dornier-Werke einen Verlagerungsbetrieb im Überlinger Stollen bauen. Häftlinge aus
Dachau und Mauthausen hatte der Dornier-Konzern schon seit 1943 bei der V2-Versuchsanlage
in Raderach und bei verschiedenen Firmen des Konzerns in Friedrichs-
hafen beschäftigt. Nach dem verheerenden Luftangriff auf Friedrichshafen im April
1944 beschloß die Firmenleitung, drei Produktionsanlagen im Molassefelsen von
Überlingen bombensicher unterzubringen. Nach etlichen Verzögerungen entstand im
September das Außenlager Überlingen, für das Dachau 800 Häftlinge zur Verfügung
stellte.

Das Lager bestandaus drei Wohnbaracken von je 120 Quadratmetern, in jeder hausten
bis zu dreihundert Häftlinge. Zum Schlafen erhielten sie einen Papiersack, der
mit Spreu gefüllt war. Das Lager war mit Stacheldraht umgeben und von vier Wachtürmen
gesichert. Die Ausdehnung der Stollenanlage vermittelt einen Eindruck von
der Arbeit, die hier geleistet wurde: sie hatte acht Eingänge, teilweise mit Gleisanschluß
; ihre Gesamtlänge betrug über vier Kilometer, drei Längsstollen wurden von
17 Querstollen gekreuzt, die zwischen 2 und 25 Metern breit und zwei bis zehn Meter
hoch waren; einige der Kreuzungspunkte waren hallenförmig ausgebaut. Die Zahl
der Arbeiter, die beim Bau des Stollens umkamen, ist nicht genau bekannt, aber es
müssen über 100 gewesen sein. 97 von ihnen sind nach dem Krieg auf dem KZ-Friedhof
Birkenau beigesetzt worden.78

In der letzten Phase des Krieges wurden KZ-Häftlinge dann auch bei der Ausbesserung
der zerstörten Eisenbahnanlagen beschäftigt. Da Waffen, Munition und Truppen
mit der Bahn befördert wurden, war die Instandsetzung des Streckennetzes für das
Regime dringend erforderlich. Die verbliebenen Arbeiter der Reichsbahn reichten
dafür aber Ende 1944 nicht mehr aus, deshalb stellte die SS in den Konzentrationslagern
arbeitsfähige Häftlinge zu speziellen Baubrigaden von jeweils 500 Mann zusammen
und transportierte sie in eigens zu diesem Zweck ausgestatteten Güterzügen an
ihre Einsatzorte.79

Zwischen Weihnachten 1944 und April 1945 waren drei dieser SS-Baubrigaden und
ein Bauzug des Konzentrationslagers Flossenbürg in Offenburg stationiert.80 Dieser
traf Ende März 1945 ein. Unter den 635 Häftlingen waren Juden, die die Vernichtung
des Warschauer Ghettos überlebt hatten und anschließend über Treblinka nach Flossenbürg
und dort in den Bauzug verlegt worden waren. In Offenburg wurden sie in
eine Kaserne einquartiert. Wie die anderen KZ-Häftlinge vor ihnen sollten sie die

198


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1992/0200