http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1992/0218
wohnt Wallner, der an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg gelehrt hat, in Kirchzarten
. Daher nahm er den alten Kontakt zu Zastler wieder auf. Er hat ein faktenreiches und lesenswertes
Buch geschrieben, dem man wünscht, daß es auch außerhalb des Zastlertals beachtet
wird. Ein wichtiges Ergebnis seiner Studie ist, daß die beharrend wirkenden Kräfte noch
spürbar sind, anders gesagt, daß die Alteingesessenen in Zastler noch das Sagen haben.
Renate Liessem-Breinlinger
Wolfgang Ritzel, Johann Peter Hebel. Waldkircher Verlagsgesellschaft, Waldkirch 1991,
183 S.
Ritzel stellt mit diesem Werk eine Biographie Johann Peter Hebels, der insbesondere als Poet
bekannt wurde, vor. Die Gliederung des Buches in sechs verschiedene Schaffensbereiche Hebels
macht jedoch deutlich, daß seine kreative Vielfalt über das dichterische Werk weit hinausging
. Der Autor, aus Baden stammend und daher ebenfalls mit der alemannischen Sprache,
die für Hebels poetisches Werk charakteristisch ist, vertraut, bringt dem Leser die Person Hebels
durch die Erläuterung seines persönlichen Umfeldes und des geschichtlichen Hintergrundes
nahe. Eine wichtige Rolle in diesem Buch spielt die Brieffreundschaft Hebels zu Hitzig,
da die Briefe eine Hilfe zur Ergründung von Hebels Denkweise bilden. Ritzel erläutert damit
den Charakter des Dichters und die Besonderheiten der damaligen Zeit. Darüber hinaus gewährt
der Briefwechsel Einblick in den sogenannten Proteuskult, den Hebel mit Hitzig
pflegte, indem er immer neue Wortschöpfungen und -spiele mit ihm austauschte. Auch wird
Hebel als „Kirchenmann" besprochen, wobei auch hier die Briefe an Hitzig die wichtigste Informationsquelle
über Mentalität und Glaubensrichtung des Dichters bilden. Hebels „Volks-
schriftstellerei", womit sein individueller Schreibstil gemeint ist, zeigt sich vor allem im
„Hausfreund", einem Kalender, der sowohl „Lustige Geschichten" als auch lehrreiche Erzählungen
enthält. Hebel gibt darin seine Naturerlebnisse wieder, erzählt Geschichten oder
schreibt kleine Rätsel. Ritzel Versucht hierbei das breite Spektrum an Interessengebieten aufzuzeigen
, das nicht nur die Literatur, sondern auch Mineralogie, Botanik und andere Naturwissenschaften
umfaßte.
Die Besprechung der dichterischen Qualitäten Hebels beeinhaltet die mundartliche Sprache,
Reimformen und den davon abhängigen Inhalt der Gedichte. Ritzel geht auf Einzelheiten im
Schreibstil Hebels ein, deutet Aussagen und erschließt dem Leser somit manche Erkenntnisse.
Zahlreiche Zitate in alemannischer Sprache verdeutlichen den Stil Hebels, andere erläutern
Gedanken und Hintergründe. Eine Gegenüberstellung von alemannischen Gedichten und ihren
Ubersetzungen ins Hochdeutsche soll die Anschaulichkeit und Singularität der mundartlichen
Sprache beweisen.
Ritzels Bemühungen gehen dahin, den Leser nicht nur mit der poetischen, schriftstellerischen
, kurzum künstlerischen Seite Hebels vertraut zu machen, sondern auch den Menschen
und seinen Charakter herauszuarbeiten. Ein weiterer wichtiger Aspekt in Ritzels Biographie
ist das breitgefacherte Angebot von Informationen über Hebels Lebenswerk. Es umfaßt Gebiete
, die den meisten Lesern wohl noch unbekannt gewesen sind. Dazu gehören etwa die
theologischen Ambitionen Hebels, seine Begeisterung für die Naturforschung, geschichtliche
Studien oder sein politisches Interesse. All diese Themen sind bislang in der Hebel-Literatur
zu kurz gekommen, obwohl gerade sie zur Ergründung von Hebels Anschauungen und zum
Verständnis seiner Person eine nicht zu unterschätzende Grundlage bilden.
Ritzels Ausführungen leben von Originalzitaten aus Hebels Gedichten, Aufsätzen und Briefen
, die zwar als Einführung in die mundartliche Sprache dienen, aber für Nichtkenner oft zu
unüberwindlichen Lesehürden werden. Der ins Detail gehende Stil Ritzels trägt ebenfalls dazu
bei, das „Einlesen" in diese Lektüre zu erschweren. Obwohl nicht immer spannend und mitreißend
geschrieben, kann diese Biographie einem ausdauernden und sehr interessierten Leser
durchaus wichtige Informationen über Hebels Werk und Person liefern. Detlef Vogel
216
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1992/0218