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innerklösterlichen Gerichtsbarkeit. Sie waren die Verbindung der Nonnen zur Außenwelt
.
Neben der Landwirtschaft bezog das Frauenkloster Einkünfte aus ihm inkorporierten
Pfarrkirchen und ähnlichen Rechtstiteln, deren Inanspruchnahme den Mönchen
noch verwehrt war.
Kennzeichnend für Frauenzisterzen ist auch, daß sie aus Sicherheitsgründen in
nicht allzu großer Entfernung zu Städten oder anderen Siedlungen lagen. Das gilt
auch für das Kloster Günterstal vor den Toren Freiburgs, das schon drei Jahre nach
seiner Gründung, also 1224, in den Orden aufgenommen wurde.74 Kloster Günterstal
wurde dem Himmelspfortenkloster in Tennenbach und seinem jeweiligen Abt unterstellt
, weil ihm ein Mutterkloster, von dem seine Gründung hätte ausgehen
müssen, fehlte.75 Dieses hierarchische Element in der Ordensverfassung und Organisation
diente einer einheitlichen Regelauslegung. Dem Paternitätsabt kamen verschiedene
Aufgaben zu. Im seelsorgerischen Bereich hatte er zuerst nur die Beichtjurisdiktion
wahrgenommen, seine Befugnisse aber auf sämtliche priesterliche
Funktionen ausgedehnt. Bei der Abtissinnenwahl führte er den Vorsitz und entschied
über Größe und Zusammensetzung des Frauenkonvents. Auch im wirtschaftlichen
Bereich ist seine Stellung nicht zu unterschätzen. Er nahm Besitzveränderungen und
Finanzgeschäfte vor, schloß Verträge und beriet die Äbtissin in allen übrigen Fragen
.76 Die Erwähnung des Tennenbacher Abtes Johannes Zenlin in der Vorrede
zum Günterstaler Berain ist also keineswegs verwunderlich.
Der Vorrede zum Güterverzeichnis ist auch zu entnehmen, daß der Berain einen
Vorläufer gehabt haben muß (s. II. b), dessen Angaben veraltet gewesen waren.77
Dieser ist nach Schäfers Aussagen nicht mehr erhalten, muß aber in etwa aus dem
ersten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts stammen.78 Wie in anderen Frauenzisterzen
waren auch hier die Notwendigkeiten und die Voraussetzung für die frühe Anlage eines
Urbars gegeben:
— Fehlende Konversen zur Bewirtschaftung des Grundbesitzes, wodurch eine umfangreiche
oder gar ausschließliche Eigenwirtschaft verhindert wurde.
— Die verschiedenen Rechtstitel, der Streubesitz und das vorherrschende Rentensystem
erforderten ihre genaue Verzeichnung.
Fördernd wirkte sich die Nähe zu einer Stadt aus, die die Schriftlichkeit im Verwaltungsbereich
entsprechend ihren Bedürfnissen schon recht weit vorangetrieben
hatte.79
c) Zum Inhalt und Quellenwert des Berains
Der Vorrede, die einige allgemeine Bemerkungen zu Entstehung und Vörgehensweise
bei der Anlage des Urbars enthält, folgt ein Register, dem der ungefähre Umfang der
klösterlichen Grundherrschaft entnommen werden kann. Aus ihm kann aber auch die
Konzentration des Grundbesitzes um drei Kristallisationspunkte abgelesen werden.
Als solche müssen Breisach im Westen, Freiburg/Günterstal im Osten und Emmendingen
im Norden betrachtet werden. Die Mehrzahl der 103 erwähnten Orte befindet
sich innerhalb des imaginären Dreiecks, das diese drei Kristallisationspunkte bilden.
Erwähnenswert ist, daß diese Orte im Altsiedelland liegen. Nur wenige Namen deuten
auf Ausbausiedlungen hin.
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