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eines Streits zwischen zwei Gemeinden — diese wenden sich hilfesuchend an ihren
Ortsherrn — jener leitet die Beschwerde der Gemeinde an das gegnerische Pendant.
Gehören die im Streit liegenden Gemeinden unterschiedlichen Territorien an, so stehen
die Juristen der Landesregierungen erneut vor dem Problem, einen Vergleich
auszuhandeln oder die Entscheidung vor den höchsten Reichsgerichten zu suchen.
Wie bei den horizontalen Konfliktmodellen konnte dabei die Geduld der Untertanen
übermäßig auf die Probe gestellt werden. Schließlich gilt für beide Modelle: Sind die
zulässigen rechtlichen Beschwerdemöglichkeiten erfolglos durchexerziert bzw. die
Verhandlungen steckengeblieben, so wächst bei den Untertanen die Bereitschaft, sich
auf andere Weise ihr Recht zu verschaffen aus der Uberzeugung heraus, daß das
Herrschaftsverhältnis von Schutz und Gehorsam versagt hat.
Am Beispiel eines solchen dörflichen „Kleinkrieges" wird im folgenden die Konfliktbewältigung
der Untertanen näher beleuchtet. Der Konfliktgegenstand ist alles
andere als neu, vielmehr für die Agrargesellschaft des Alten Reiches geradezu klassisch
. Es handelt sich um einen der zahllosen kommunalen Zwiste um Wald, Weide
und Eckerit. Deren Darstellung beschränkte sich bisher meist auf den prozessualen
Ablauf, weniger berücksichtigt wurden agrar- und sozialgeschichtliche sowie territoriale
Aspekte.
Die Untersuchung hat den langwierigen Streit einer Gemeinde in der Markgrafschaft
Baden-Durlach um ihren Wald und dessen Nutzung zum Gegenstand. Die Spuren
dieses Konfliktes lassen sich in den Akten bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts
zurückverfolgen, der Höhepunkt liegt in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Im
Zuge seiner Entwicklung wechselt der Schauplatz und mit ihm der Gegner. Zunächst
werden in chronologischer Abfolge die Stadien der Auseinandersetzung unter möglichst
umfassender Hinzuziehung der Quellen aufgezeigt. Daran schließt sich ein systematischer
Teil an, in dem einige Konstanten der wechselhaften Entwicklung festzuhalten
sind.
Die Chronologie der Ereignisse
Die Gemeinde Gundelfingen schließt sich an die Nordgrenze der Stadt Freiburg im
Breisgau an. Seit 1973 mit der Nachbargemeinde Wildtal vereint, nahm die Geschichte
der beiden Orte, abgesehen von ihrem gemeinsamen Ausgang im Mittelalter,
einen herrschaftsgeschichtlich sehr verschiedenen Verlauf.3 Bereits die erste gesicherte
urkundliche Erwähnung Gundelfingens steht im Zusammenhang mit einem
Wald. Als 1008 König Heinrich II. Bischof Adalbero von Basel mit dem Wildbann
im Mooswald belehnte, wurde der Bannbezirk über die angrenzenden Orte umschrieben
. Zusammen mit dem Gebiet um den Zähringer Burgberg gelangte das mutmaßliche
Reichsgut in die Hände der Herzöge von Zähringen.4 Nach ihrem Aussterben
1218 erhob sich ein Streit um die Erbmasse des »Zähringerstaates« zwischen den Erben
, den Herzögen von Teck, den Markgrafen von Hochberg, den Staufern und den
Grafen von Urach und Kiburg. Unklarheit herrschte aber nicht nur über die Teilung
des Allodialgutes, sondern auch über dessen Abgrenzung vom Reichsgut. Die Stadt
Freiburg konnte sich 1289 mit ihrem Besitzanspruch auf den größten Teil des Mooswaldes
behaupten. Das Reichsgut, die Zähringer Burg mit den daruntergelegenen
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