http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0080
darstellte. Mit dem Verlust der Ortsnähe, indem die freien Allmendflächen immer
weiter talaufwärts abgedrängt wurden, gewann der Mooswald wieder an Attraktivität
, In der Folge häuften sich, wie wir gesehen haben, die Konflikte mit Freiburg.
Die siedlungs- und agrargeschichtlichen Aspekte allein können allenfalls die häufigen
Querelen um Wald und Weide erklären, keineswegs aber deren allmähliche Eskalation
. Entscheidend für den Niedergang der Nutzungsgemeinde ist die gleichzeitige
Herausbildung einer (Orts-)Herrschaft Wildtal. Deren Grundlage bestand nicht in einer
dominanten grundherrlichen Stellung im Tal, sondern in gerichtsherrlichen Rechten
, die sich vom Mitbesitz an der Burg Zähringen ableiteten. Es ist bezeichnend,
daß in den vorliegenden Urkunden eine grundherrliche Abgabe für die Eckeritnutzung
in den herrschaftlichen Wäldern mit keiner Silbe erwähnt wird. Die Hofgüter
gehörten ebenso verschiedenen Grundherren an wie die Wälder. Gabriel Schnewlin
von Bollschweil d. Altere, und nicht dessen gleichnamiger Enkel, hatte an der Herausbildung
einer Ortsobrigkeit im Wildtal den entscheidenden Anteil. Unter ihm
wurden die patrimonialen Rechte der Grundeigentümer auf einen privatrechtlichen
Charakter reduziert. Seine Teilhabe an der Vogtgerichtsbarkeit 1478 baute er mit aller
Entschlossenheit und gegen den Widerstand seiner adligen Mitbesitzer wie der Untertanen
zu einer von ihm allein ausgeübten Obrigkeit aus. Im Wildtal hatte Gabriel
Schnewlin mit seinen Bestrebungen ein leichtes Spiel, weil durch die Hofsiedlungsstruktur
ohne gemeinsame Allmende die Organisation einer Gemeinde, welche sich
den Neuerungen hätte entgegenstellen können, unterblieben war und weil die Zersplitterung
des Burgzubehörs bzw. die Zerstörung der Burg selbst im Bauernkrieg ein
herrschaftliches Vakuum hinterlassen hatte. Als selbsternannter Ortsherr propagierte
Junker Gabriel nicht nur die territoriale Steuerhoheit; er schickte sich auch an, die
Forsthoheit als wesentliches Element herrschaftlichen Obereigentums für sich allein
in Anspruch zu nehmen.40
Im Herbst 1512 übermittelte Freiburg dem Hochberger Landvogt die Beschwerde
des Gabriel, wie ime etliche deins Ampts Verwandte von Gundelfingen in seinen Weiden
wider die Billichkeit sein Holz abhowen,41 Nach den obigen Ausführungen wis-
sen wir nun, daß es sich hier weder um „ungehöriges Verhalten" noch „Ubergriffe"
handelte, wie dies Rosenkranz interpretierte. Das zweifache Possessivpronomen bezeichnet
auch nicht ein privates Waldgebiet, sondern es richtet sich unmittelbar gegen
die althergebrachten Selbstverwaltungsrechte der ausmärkerischen Nutzungsgemeinde
. Das Desaster des Bauernkrieges ließ alle Hoffnungen auf eine Restituierung
der alten Rechte schwinden und festigte die Position des selbsternannten Herrn noch
mehr. Schon eine Generation später konnte Hans Christoph Schnewlin v. Bollschweil
den Gundelfinger Bauern unter Hinweis auf sein Obereigentum über Grund und Boden
das Eckerit untersagen, während er ihnen das Holz unbestritten zugestand: ...
wan sie daß Buochäckherig haben wollen, so solten sie Thuöcher under die Bäum
legen, undt die Schwein darauftreiben, auf die Thuöcher aber, wan ein Sauw darne-
ben tredt, so sey ihm die verfallen, daß Ackherig gehör ihnen wie daß Holz auch,
wan daß Ackherig auf den Bäumen standt, aber wan eß aberfall auf den Boden, so
gehör eß ihm alß der Obrigkeit ...42
Abermals eine Generation darauf galt dies generell für alle ausländischen Wälder;
die gesamte Regelung des Eckerits lag ausschließlich in den Händen der Herrschaft.
78
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0080