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von Wohlfuhrt) gemeinsam als Obrigkeit im Wildtal auf.50 Die Erbschaft gab Anlaß
zu zahlreichen Streitigkeiten. Dies mag der Grund für eine erste Teilung gewesen
sein. Im Jahr 1611 veranlaßten die beiden Vormünder eine Schätzung der Einzelposten
, um die Erbmasse gleichmäßig aufzuteilen.51 Dabei wurde zwischen der eigentlichen
Herrschaft und dem Schnewlinschen Allodial unterschieden. Von letzterem
erhielt Maria Magdalena das 1577 erkaufte Hofgut des Veit Schaffhauser (heute:
Merzhof) sowie die 1586 erkaufte Mühle, dazu ein Stück Reben im Gundelfinger
Berg. Kunigunde wurde das Bollschweilsche Haus zu Freiburg in der Webergasse und
sämtliche obrigkeitlichen Bodenzinsen zugesprochen, ergänzt durch eine Abschlagszahlung
in Höhe von 990 Gulden, die ihre Schwester in neun Jahresraten an sie zu
zahlen hatte. Die eigentliche Herrschaft im Wildtal, d. h. Forstgerechtigkeit mit Jagd
und Eckerit, hohe und niedere Obrigkeit und alle Erträgnisse daraus sollten ungeteilt
bleiben. Die entsprechenden Dokumente hierzu wurden in einem verschlossenen La-
den9 zu dem jede Erbin einen Schlüssel hatte, verwahrt und zur Sicherheit bei der
Stadt Freiburg hinterlegt.52 Die sich aus der Teilung ergebenden Komplikationen
wären für uns unerheblich, wenn sie nicht zu einer Verschärfung der Subsistenzsitua-
tion der bäuerlichen Untertanen im Wildtal und damit auch zu einer härteren Gangart
im Rechtsstreit mit Gundelfingen wesentlich beigetragen hätten.
Die neuen Herren begnügten sich nicht mit dem Bewahren des überkommenen Erbes
, sondern sie führten es im Geiste ihrer Vorfahren fort. Kernstück und sozusagen
die Verfassung der Herrschaft bildete das Berain über die Gerechtsame im WildtaL
Es war aus tradierten Gewohnheiten und willkürlichen Rechtsetzungen zusammengetragen
worden und erfuhr jetzt weitere Modifikationen. Seit 1610 führte der Propst
des Klosters Allerheiligen zu Freiburg, einige Jahre später auch Conrad Harsch,
beide ausländische Waldbesitzer im Wildtal, vor der vorderösterreichischen Regierung
Klage über ständig neue Schikanen.53 Vorgeschrieben war wann, wo und wieviel
Holz geschlagen werden durfte, auch woher die Lohnarbeiter dafür — natürlich
aus dem Wildtal — zu nehmen waren. Neu war die Arrestierung der Holzfuhren, um
dem Ansinnen auch den rechten Nachdruck zu verleihen. Die Kläger verlegten sich
im Prozeß auf eine prinzipielle Argumentation, die sich den konkurrierenden Dualismus
zwischen einzelnen Ständen und landesherrlicher Kompetenz zunutze machen
wollte. Es würden alle Tag newe Sazungen gemacht, die weder von einer hohen
Obrigkeit approbiert noch der österreichischen Waldordnung gemäß, vielmehr dieser
ex diametro errichtet worden seien. Das von der Gegenseite immer wieder als Beweismittel
ins Spiel gebrachte Buch wollten die Kläger als bloße scriptumprivata gewertet
wissen. In Ensisheim hat man sich dieser Argumentation offenbar angeschlossen
. Die mehrfachen Abmahnungen ignorierten oder bestritten die Herren des
Wildtals aber konsequent.
Hinter den herrschaftlichen Rechten verbargen sich Abgaben, Steuern und Gefälle,
auf deren Höhe die Obrigkeit zwar nicht beliebig, aber doch leichter als etwa auf
Erblehenverträge oder verbriefte Bodenzinsen Einfluß nehmen konnte. Der Ertrag
dieser Einnahmequellen war durch das Kondominat nun durch zwei zu teilen. Maria
Magdalena mußte gar noch von ihren eigenen ererbten Gütern die Hälfte der herrschaftlichen
Gefälle an ihre Schwester abliefern. Was lag näher, als dieser subjektiven
Schmälerung abzuhelfen? Eine Aufbesserung war auf mehrfache Weise möglich:
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