Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0176
Beruflich war sie als Volksschullehrerin ausgebildet. Ihr Fach war Kunsthandar-
beit. Im Sommer 1901 stieg sie in den Zug nach Krakau ein, um eine Stellung als
Erzieherin der Kinder einer jüdischen Familie anzutreten. Gewiß war dies ein guter
Posten. Doch anfangs war sie recht unglücklich über ihre „Verbannung" und brachte
ihre Verstimmung sehr stark in ihren Schreiben nach Hause zum Ausdruck. Drei
Postkarten sind erwähnenswert, Sie schrieb mit feiner Feder und zwar so, daß manche
Zeilen rechtwinklig zu den anderen standen, um hierdurch die vorhandene Fläche
voll auszunutzen. Die erste Karte schrieb sie noch unterwegs und gab sie in Krakau
auf. Vorläufig war sie noch gut gelaunt. Doch dann kam weniger Erfreuliches.

„Wyczoki, den 21. Juni 1901.

Meine Lieben!

Kurz vor Samstag will ich noch ein paar Zeilen schreiben; ich bin schon den dritten
Tag hier, ohne von Euch ein Lebenszeichen zu bekommen. Habt Ihr Euch alle gegen
mich verschworen? Dann ist es zu spät, Ihr hättet vorher ein Machtwort sprechen sollen
. Mich trifft kein Vorwurf. Mich auf diese Weise büßen zu lassen, ist ebenso grausam
wie ungerecht. Wenn morgen keine Nachricht, so weiß ich nicht, was ich davon
denken soll. Ich bin noch keine Woche hier, und es scheint mir eine Ewigkeit. Draußen
regnet es immer noch. — Hat sich jemand nach mir erkundigt? Ich glaube nicht,
daß ich mangle ... Was gab es Neues diese Woche? Habt Ihr gewaschen? Ich höre
auf denn ich bin so erregt, weil Ihr gar nichts schreibt! Lebet wohl, seid innig umarmt
von Eurer gutmeinenden Klara."

Die nächste Nachricht war nicht sehr viel besser.

„Wyczoki, den 24. Juni 1901.

Meine Lieben!

Über eine Woche bin ich von Euch geschieden, aber Ihr habt scheint es gar kein
Bedürfnis, mir nur eine einzige Zeile zu schreiben; wenn Lob nicht per Zufall bei der
Hochzeit seinen Namen auf eine Ansichtskarte geschrieben hätte} wäre also auch dieses
Lebenszeichen ausgeblieben; Ihr wißt nicht, welchen Qualen Ihr mich dadurch
aussetzt, sonst wäret Ihr, ohne Zweifel, weniger grausam. Ihr glaubt, ich könnte ruhiger
sein als Ihr, aber Emil 's Brief hat mich nicht darin bestärken können. Ich schlafe
nicht vor Sorgen, am Ende hätte ich doch nicht fortgehen sollen, wie ich es mache,
ist es nicht recht. Gott befohlen! Herzliche Grüße & Küsse von Eurer Klara "

Vier Tage später schrieb sie in erster Linie an ihre Mutter und machte klar, daß
sie sich zum Ausdauern entschieden hatte.

„Wyczolki, den 28.16.

Meine Lieben!

Du wirst Dich wundern, daß ich schon wieder schreibe, aber ich will Dir sagen,
daß Du meine Sachen per Bahn schicken sollst, lege gleich die Winterjacke, Mütze,
Muff und Kleid, ebenso die Noten, Hängematte, Wäsche, alles was Du schicken
willst, zusammen, deutliche Adresse per Eilgut mit Lieferzeit ohne Wertangabe.
Adresse nur Mayer Kornbluh, Wyczolki, Bahnhof Korocziatyn, Galizien, alles deutlich
schreiben, in einer Kiste oder dem braunen Koffer, aber lieber Kiste nehmen,
weil ich keinen Schlüssel habe. Gut besorgen, mir das Verzeichnis schicken. Gut'
Schates! Korocziatyn. Wenn ich Euch wieder ein paar Zeilen geschrieben habe, so
bin ich ruhiger. Eben bekam ich den Brief und die Karte von der lieben Sophie, Ich

174


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0176