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nur den Anschein einer Bevorzugung zu erzeugen. Mit den meisten seiner Kollegen
kam er gut aus. Dabei half ihm Irma, indem sie am wöchentlichen „Kränzlein" teilnahm
, zu dem die Ehefrauen der Kollegen sich zu Kaffee, Kuchen und Klatsch trafen.
Politisch trat Löb nicht als Aktivist hervor, aber er unterstützte die Demokratie als
Mitglied des Republikanischen Lehrerbundes und des Reichsbanners Schwarz-Rot-
Gold.
Außerberuflich war er in der Freiburger Israelitischen Gemeinde tätig. Religiös
vertrat er eine an der Tradition orientierte Position innerhalb des liberalen Judentums
, zu dem sich die deutschen Israeliten in der Mehrheit bekannten. Daher war es
ihm möglich, zwischen den Einstellungs- und Meinungsunterschieden der verschiedenen
Gruppierungen, namentlich der Orthodoxen, der Liberalen und der zunehmend
einflußreichen Zionisten, ausgleichend zu wirken. Insgesamt waren sich die
Juden des Oberrheins ohnehin ziemlich einig über die für sie wichtigsten Gesichtspunkte
ihrer jüdischen Herkunft und ihrer Lebensführung. Entscheidend war das Ge-
Abb. 3 Innenansicht der Synagoge. Liberale und eher orthodoxe Haltungen der Gemeindemitglieder
fanden ihren Ausdruck auch in der Wahl des gottesdienstlichen Ortes: „Die Synagoge war liberal, im
Hinblick auf den Ritus aber ziemlich traditionsgetreu. Unterschiedlich von dem im Betsaal abgehaltenen
Gottesdienst war wohl in erster Linie die musikalische Begleitung. Es wurde sowohl am Sabbat als auch
an Feiertagen Harmonium gespielt (bis in die Nazizeit war der Organist ein Nichtjude), und im Chor
gab es Frauen und Männerstimmen, obwohl sonst die beiden Geschlechter getrennt saßen. Es wurde
auf deutsch gepredigt, und gewisse Gebete wurden auf deutsch vorgetragen. Außerdem wurde manches
als überflüssig' Angesehene ausgelassen. Im Betsaal war die Trennung zwischen Männern und Frauen
etwas strenger. Es wurde ausschließlich auf hebräisch gebetet und unbedingt auf die hergebrachte Weise.
Fest und Fasttage wurden etwas strenger eingehalten." (David Maier)
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