http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0199
Beginnend mit dem ältesten Hochmeisterschild von 1320 (aus dem Tiroler Landesmuseum
Ferdinandeum, Innsbruck) bis zu Denkmälern des letzten Ritterhochmeisters und dem Wirken
des Ordens in der Gegenwart spannte sich der Bogen der Ausstellung. Alle Deutschordensstätten
Südtirols wurden im Bild vorgestellt. Dazu gesellte sich vielfaltiges Ausstellungsgut wie
Aufschwörschilde, Fortraits, Epitaphien, Kirchengeräte, Urkunden, Dokumentationen und
Kunstgegenstände aus dem Ordensbesitz. Unter den Südtiroler Landkomturen fallt im
L Drittel des 18. Jahrhunderts der aus dem Breisgau stammende Deutschordensritter und
Landkomtur Johann Heinrich Hermann Freiherr von Kageneck (1668—1743) auf, der als tüchtiger
Finanzmann und Wirtschafter die Ordensverhältiiisse in Südtirol wieder ordnete und eine
umfangreiche Bautätigkeit in der Bailei entfaltete. In Kommenden und Pfarrhäusern ist deswegen
sein barockes Landkomturwappen häufig anzutreffen. Als Nachschlagewerk zur Geschichte
und Ikonographie des Deutschen Ordens in Tirol ist der vorgelegte Begleitband der
Bozener Ausstellung unentbehrlich. Hermann Brommer
EVA Kim minich, Des Teufels Werber. Mittelalterliche Lasterdarstellung und Gestaltungsformen
der Fastnacht (Artes Populäres 11). Verlag Peter Lang, Frankfurt 1986. 379 S., 40 Abb.
In ihrer Freiburger Dissertation von 1984 nimmt die Autorin eine Gesamtbetrachtung der Fastnacht
vor, wobei besonders Laster-, Büß- und Vergeltungslehren eingehend gedeutet werden.
Anhand der Darstellungsweise von Lasterpersonifikationen werden die Motive vom theoretischen
Sprachbild theologischer Schriften bis in den Bereich mittelalterlicher Brauchgestaltung
an Beispielen der Fastnacht betrachtet. — In einem ersten Kapitel zeigt die Autorin die Lastervorstellungen
des Christentums als Grundlagen tradierter Bild- und Brauchtopoi. Im einzelnen
werden dann die literarischen und ikonographisehen Darstellungen des Lastergedankens und
der Sünden näher betrachtet. So behandelt die Autorin u, a. Dantes göttliche Komödie, Sündenschilderungen
der „Traumreisen" oder die Laster der Bühnendarstellungen. Der ikonographi
sehe Teil betrachtet u.a. die Tugend- und Lasterschlacht und die Darstellung des besiegten
Lasters, zeigt die aus dem Tempel Verstoßenen sowie Vorstellungen von der Hölle und ihren
Strafen. Ein weiteres Kapitel ist einzelnen Aspekten der Lastergestaltung gewidmet, und abschließend
werden einige Schembarthöllen gedeutet. Darunter fallen z. B. der Brunnen als
Quelle lasterhafter Begierden, das Backhaus als Strafort sündigen Verlangens oder die Mühle
als Zeichen der Sünde und des teuflischen Tuns.
Das Ziel der Arbeit besteht in dem Nachweis, daß die Lasterlehre und die Allegorese des
Mittelalters zur Gestaltung von Fastnachtsbräuchen und ihrer Erscheinungsformen Anregungen
gegeben haben. Besonders abstrakte Phänomene, wie Sündhaft und „Befleckung",
konnten durch diese Versinnbildlichung gut zum Ausdruck gebracht werden. Der Frage nach
den geistes- und kulturgeschichtlichen Grundlagen des Fastnachtsbrauchtums, aber auch der
Frage nach der Kongruenz von Narrheit und Lasterhaftigkeit, von Narrentum und Sünde, werden
besondere Bedeutung beigemessen. Der Titel „Des Teufels Werber" zeigt aber bereits,
daß hier die Annahme dieser Identität besteht. Die Verbreitung des Wissens um die Lastervorstellungen
geschah durch Bildwerk oder Schauspiel, aber auch durch umfangreiche Literatur.
So beschrieb die Visionsliteratur die schrecklichen Qualen gottloser Seelen und das gute Leben
der Gerechten, die ein tugendhaftes Leben führen. Auf diese Weise kam der Visionsliteratur
bei der Entwicklung des Rettungsgedankens und der Lasterdoktrin eine besondere Rolle
zu. Vom 12. Jahrhundert an erschienen Visionen auch in volkssprachlichen Ubersetzungen und
wurden zu einem wirksamen Lehrinstrument der Kirche. Weiterhin dienten sie als Informationsquelle
zur Vorlage der bildlichen Gestaltung des Jüngsten Gerichts.
Die Fastnacht wurde, als Zweifel an den Visionsberichten aufkamen, als Medium zur moralischen
Belehrung breiter Bevölkerungsschichten eingesetzt. Ebenso fend die Lasterproblematik
Einzug in die Literatur und nahm auf die Brauchgestaltung der Fastnacht Einfluß. Die welt-
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