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nähme zu, daß im Falle des .Freiburger Tympanonreliefs das Schema eines Siegelbildes
der Kirchherrnfamilie auf den großplastischen Schmuck der kirchlichen Schaufassade
übertragen wurde. Freiburg ist darin sicherlich kein Einzelfall. Das aus dem
frühen 13. Jahrhundert stammende Mosaik des Hospitals San Tommaso in Formis in
Rom (Abb. 4), das quasi in der Funktion eines Tympanons über dem Hauptportal eingesetzt
ist, wurde in einem ähnlichen Verfahren nach Vorlage von Siegeln des Trinita-
rierordens gestaltet.17
Um welchen Bischofsheiligen handelt es sich auf dem Freiburger Tympanon? Es
muß ein Heiliger sein, der eng mit der Zähringerfamilie verbunden ist. Der Siegelbildcharakter
des Reliefs und das Faldistorium im besonderen verweisen auf eine propagandistische
Rolle des Heiligen im Dienste der zähringischen Interessen. Unter
dieser Voraussetzung bietet sich meines Erachtens die Deutung der Figur als heiliger
Lambert an. Im Jahre 1191 kam Bertold in den Besitz von Reliquien dieses Heiligen,
die Bischof Rudolf bei seinem Tod hinterlassen hatte.18 Lambert war ehemals Bischof
von Maastricht, dessen Sitz später nach Lüttich verlegt wurde; er ist somit ein
früher Vorgänger auf dem Bischofsstuhl Rudolfs. Nach dem Tode Rudolfs waren die
Zähringer bemüht, das verlorene Bischofsamt zurückzugewinnen. Für Konrad von
Urach, den Sohn Eginos IV. und Neffen des kinderlosen Bertold, wurde ein Domdekanat
an der Lütticher Kathedrale reserviert, das er im Jahre 1195 antrat. Schon im
Jahre 1200 wurde dem vermutlich erst 23jährigen die Bischofswürde angeboten, doch
Abb. 4 Mosaik über dem Hauptportal des Ospedale di San Tommaso in Formis, Rom.
(Foto: Privat)
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