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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0021
Tage lebendig würden, so sei Christus nach drei Tagen zum Leben auferstanden (vgl,
auch Legenda aurea Nr. 51, S. 854).

Gott, Heilige sowie weltliche Herrscher werden häufig mit Krone, Szepter, Reichsapfel
und anderen Insignien abgebildet; das Bäcker- und das Märtyrerfenster stellen
in grausigem Realismus Blenden, Enthaupten, Rädern dar. Wer sich zu Herrschaftszeichen
, zu Leib- und Lebensstrafen kundig machen will, findet Information und
weiterführende Literatur im Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (Nr.
110), Es enthält auch das Stichwort,Mantelkinder', das auf die Schutzmantelmadonna
verweist, z, B. im Schnitzaltar des Sixt von Staufen: Bei der Madonna suchen Frauen
und Männer, Kleriker und Laien, Kaiser und Papst Schutz — entsprechend Recht und
Brauch: Bei der Trauung konnte die Braut vorehelich geborene Kinder unter ihren
Mantel nehmen; als ,MantelkinderÄ waren sie (auch hinsichtlich der Erbfähigkeit) damit
Kindern gleichgestellt, die in der Ehe geboren wurden. Analog nimmt Maria hier
Menschen, die als Sünder eigentlich das Heil verwirkt hatten, unter ihren Mantel.

Ein weiterer Bereich des Rechts: In den Stein der Vorhalle sind Maße eingeschnitten
(vgl. Münsterblätter, wie Nr. 7, Jg, 9, 1913, S, 45—47); hier konnte man also prüfen
, ob die Kaufleute auf dem nahe gelegenen Markt (Kaiserstraße) sich an die Normen
hielten.

Zu den Zeichen mittelalterlicher Herrschaft gehört der Reichsapfel; er verweist
gleichzeitig auf das Weltbild, z. B. auf dem Gemälde des Hauptaltars (Nr. 15,
Abb, 7): Die als Scheibe gedachte Erde liegt zwischen Himmel und Unterwelt, beide
zusammen vereinigen sich zur Kugel, dem vollkommenen geometrischen Körper.
Der als Kugel gedachte Kosmos ruht in der Hand Christi. Darüber hinaus bildet das
Münster eine Quelle für die Geschichtstheologie: Wie Darstellungen am Nordost-
und am Hauptportal zeigen, ist die Geschichte nach christlicher Vorstellung weder
ewig noch wiederholt sich immer das Gleiche, vielmehr ist sie linear auf ein Ziel ausgerichtet
: Angefangen hat sie mit der Erschaffung durch Gott; ihren Höhepunkt erreichte
sie mit Jesu Leben, Leiden, Tod und Auferstehung; ihr Ende wird sie im Jüngsten
Gericht finden (Nr, 16, Abb. 108 ff. und 74 f.).

Darstellungen von Synagoge und Ecclesia — Personifikationen des Alten und des
Neuen Bundes, u. a. rechts und links vom Hauptportal (Nr, 16, Tafel VIII und Abb.
69 f., 72) — verweisen auf das mehr als problematische Verhältnis des Christentums
zum Judentum. Nr. 132 gibt quellennah Einblick in theologische und geschichtliche
Hintergründe einer für die Juden leidvollen Auseinandersetzung. Auf Kritik an der
Kirche zu Beginn der Neuzeit sieht man sich im Hauptaltar des Hans Baidung verwiesen
: Ist es Ausfluß reformatorischen Denkens, daß ausgerechnet über dem Haupt des
Apostels Petrus die den Heiligen Geist symbolisierende Flammenzunge fehlt (Nr. 15,
Abb. 18 und 21)?

Hauptaltar und Oberriedaltar (in der Universitätskapelle) bilden — wie viele andere
Werke im Münster — auch Quellen für die Geschichte der materiellen Kultur.
Bis weit in die Neuzeit haben Maler und Bildhauer sich im allgemeinen nicht gefragt,
wie Personen aus Heils- und Profangeschichte gekleidet waren, wie Waffen u. ä. zur
Zeit des geschilderten Ereignisses ausgesehen haben; sie haben sie vielmehr so dargestellt
, wie sie ihnen bekannt und vertraut waren. Hans Baidung führt in seinem Bild
von der Krönung Mariens auch Blas- und Streichinstrumente vor; solche Darstellun-

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