http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0120
Ganz so friedlich-patriarchalisch ging es freilich nicht immer im Dorf zu. Die
Rüster scheinen zu allen Zeiten eine besonders schwierige Bevölkerung gewesen zu
sein. 1745 war es sogar zu einem wahren Aufstand gekommen, und auch Friedrich
hatte eine ganze Reihe von Prozessen mit den Bauern zu führen.
Im gleichen Jahr konnte der Herr auf Rust an einem noch weit glanzvolleren Fest
teilnehmen, als nämlich die Erzherzogin Marie Antoinette in feierlichem Zuge an die
deutsch-französische Grenze gebracht wurde. Bei der triumphalen Reise der Kaisertochter
durch die deutschen Lande am Oberrhein durfte auch die Reichsritterschaft
der Ortenau nicht fehlen, und so gab es vor dem Rheinübergang bei Kehl eine Vorstellung
sämtlicher Mitglieder. Wenig später wurde Friedrich der Dauphine ein zweites
Mal präsentiert, diesmal auf französischem Boden in seiner Eigenschaft als Mitglied
der unterelsässischen Ritterschaft.
Das Jahr 1771 wurde vor allem Reisen in die Umgebung gewidmet, namentlich zu
Vorstellungen bei den benachbarten Fürstenhöfen in Karlsruhe, Donaueschingen,
Mannheim und Bruchsal. In Straßburg hatte er schon früher zahlreiche Mitglieder
der deutschen Fürstenhöfe kennengelernt, und zeitlebens verbanden ihn gute Beziehungen
zum Markgrafen Karl Friedrich von Baden, dem Hause Fürstenberg und dem
späteren ersten König von Bayern, Max I. Joseph, der lang im Elsaß als Offizier gestanden
hatte. An mehreren katholischen Fürstenhöfen scheint man ihm auch gute
Stellungen angeboten zu haben, doch lehnte Friedrich alle derartigen Möglichkeiten
ab, da sie einen Religionswechsel erfordert hätten.
Er lebte jetzt meistens in Rust, wo er sich mit mehr oder weniger Glück der Verwaltung
des Gutes widmete. Eine bleibende Erinnerung an diese Zeit sind die von
ihm entworfenen Parkanlagen, an denen er immer ein ganz besonderes Interesse
nahm. Außerdem war er ja nicht nur Grundbesitzer in seinen Dörfern, sondern als
Mitglied der Reichsritterschaft auch eine Art von Landesherr. Mit großem Eifer bekümmerte
er sich um alle Administrationsangelegenheiten, wobei ihm besonders die
Verbesserung der Polizei am Herzen lag. Die Verordnungen schrieb er meist selbst,
und zahlreich von ihm verfaßte Bekanntmachungen sind erhalten, die so verschiedene
Gegenstände wie die Behandlung von Verschwendern, den Eidschwur, Verbote für
holländische Soldatenwerber, Instruktionen für seine Amtleute, Anordnungen über
Jahrmärkte und das Schulwesen betreffen. 1780 wurde ein Galgen auf seinen Befehl
errichtet, denn die Familie besaß auch die peinliche Gerichtsbarkeit. Außerdem
wurde am Schloßhof ein kleines Gefängnis erbaut, das im Gegensatz zum Galgen
auch benutzt wurde. Seine Jurisdiktionsgewalt scheint Friedrich allerdings nicht immer
zur Zufriedenheit seiner Nachbarn ausgeübt zu haben. So beschwerte sich die
badische Regierung verschiedentlich, der Ortsherr von Rust habe Landstreichern und
anderem Gesindel Bescheinigungen über ihre Wohnberechtigung ausgestellt, die sie
dann zu Diebstählen und Betrügereien in der Umgebung ausgenützt hätten.
All diese Regierungs- und Verwaltungstätigkeit brachte aber wenig Geld ein, und
zudem waren im Schloß, das vorher meist nur vorübergehend bewohnt gewesen war,
große Reparaturen und Verbesserungen nötig gewesen. Zwar gelang es ihm, allmählich
die alten Verbindlichkeiten seines Vaters zu tilgen, aber noch schneller begannen
nun plötzlich die eigenen Schulden zu wachsen. Ein alter Freund des Hauses, der
Oberst v. Hügel, riet ihm, die früher versäumte große Kavaliersreise nachzuholen und
118
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0120