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rare" nennt ihn Cretineau-Joly, der Biograph des Hauses Conde und des Herzogs von
Enghien. Gerade damals, als der Herzog widerrechtlich von französischen Truppen
aus badischem Gebiet nach Paris entführt wurde, zeigte sich die ganze Lauterkeit seines
Charakters. Er war selbst genau so peinlich überrascht von diesem Völkerrechtsbruch
wie die badische Regierung, und so schrieb er denn sofort an seinen Minister,
der Herzog sei an allen ihm zur Last gelegten Verschwörungen und Umtrieben unschuldig
und er habe in Ettenheim ein völlig harmloses und zurückgezogenes Leben
geführt. In Karlsruhe kannte man seine Einstellung, und so behielt er weiterhin das
Wohlwollen des alten Kurfürsten; nur der im Schloß lebende König von Schweden
ließ sich beinahe zu tätlichen Beleidigungen hinreißen, Dabei hatte Massias auch
noch die größten Schwierigkeiten mit der eigenen Regierung wegen seiner angeheirateten
Familie: Eine Cousine seiner Frau, Maria Eleonore Cäcilia Reich von Platz,
Tochter des Franz August Böcklin, war nämlich gleichzeitig mit der Verhaftung des
Herzogs von Enghien in Ettenheim von französischen Soldaten aus Offenburg entführt
worden. Napoleon selbst hatte ihre Festnahme befohlen, denn sie stand im Verdacht
, wie schon früher einmal, in die Verschwörung des Generals Pichegru verwickelt
zu sein. Schließlich stellte sich ihre Unschuld heraus, und sie wurde
freigelassen. Massias bewahrte weiterhin das Vertrauen Napoleons. Der kluge und
geschickte Diplomat, dem gleichzeitig der Hof in Karlsruhe und die Pariser Regierung
vertrauten, wurde später zum Baron de FEmpire erhoben und war von 1807—15
als Generalkonsul in Danzig tätig.
Nach der Restauration zog er sich aus dem politischen Leben zurück und lebte zunächst
mit seiner Frau in Paris. Charlotte schrieb damals ihrem Bruder, sie sei sich
nicht ganz einig mit ihrem Mann. Sie wollte nämlich wiederum nach Oggersheim in
der Pfalz ziehen, wo das Ehepaar ein Gut gekauft hatte, während ihr Mann lieber
einen Besitz im Inneren Frankreichs erworben hätte. Resigniert meinte sie endlich,
so sei sie eben gezwungen zu erkennen, daß der Männer Eigensinn in nichts zu überwinden
ist, Die langen Jahre seines Ruhestandes widmete Nicolas Massias wieder
der ersten Liebe seines Lebens, der Literatur, und veröffentlichte zahlreiche Werke
über Politik und Philosophie. Auch ist er der Verfasser eines Buches über Napoleon.
Immer wieder kam er nach Deutschland zu seinen Verwandten, mit denen ihn ein
sehr herzliches Einvernehmen verband. In Baden-Baden ist er hochbetagt am
23, Januar 1848 gestorben. Von seinen 3 Kindern hat Jules, der zweite Sohn, eine
zahlreiche Nachkommenschaft hinterlassen, die noch in Frankreich blüht.
Ausklang und Ende
55 Jahre alt war Franz Friedrich Sigismund August, als das 19, Jahrhundert anbrach,
und er hatte wohl nur geringe Hoffnung, daß das neue Säkulum für ihn eine Besserung
bedeuten würde. Seine finanziellen Umstände erschienen damals allerdings
günstiger als in den meisten Zeiten seines Lebens. Zwar hatte er infolge des Prozesses
gegen den Knopftnacher den größeren Teil seines Vermögens eingebüßt, aber er war
wenigstens freier Herr über den ihm verbliebenen Rest. Die Kriegsereignisse und
ihre Folgen aber sollten sich auch hier alsbald in der unangenehmsten Weise spürbar
machen. Schon in den letzten zehn Jahren hatte er große Einbußen durch die ständi-
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