Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
114.1995
Seite: 12
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1995/0014
relativ sauberes Flußwasser in alle Straßen verteilt. Im Spätmittelalter hat der Rat
klare Bestimmungen erlassen, damit diese Stadtbäche tagsüber nicht verschmutzt
wurden12: Im Sommer durfte nicht vor 10 Uhr, im Winter nicht vor 9 Uhr Abfall
und Kehricht in die Bäche geschüttet werden. Da die Straßen zwar gepflastert, aber
keineswegs „staubfrei" und auch von zahlreichen Zug- und Haustieren bevölkert waren
, kann man das Wasser der Stadtbäche sicher nicht als „sauber" im modernen
Sinn bezeichnen, doch floß es stetig und war für vielerlei Zwecke problemlos zu gebrauchen
. Obwohl in den unteren Quartieren der Stadt, die von ärmeren Bevölkerungsgruppen
bewohnt wurden, die Bäche weniger klar gewesen sein dürften als an
Oberlinden, hat dennoch das Dominikanerkloster 1336 gebeten, den Straßenbach mit
einer Dole (d. h. einem Kanal) durch seine Gebäude umleiten zu dürfen, um ständig
Brauchwasser im Haus zu haben13.

Die Beschreibung der Bächle von Erasmus von Rotterdam, der 1529—1531 das
Haus „zum Walfisch" (heute Sparkasse) bewohnte, zeigt das Problem der Reinhaltung
auf. Sie ist allerdings 1534 in übellauniger Grundstimmung geschrieben worden
und geprägt von seinem Wunsch, endlich Freiburg zu verlassen und nach Antwerpen
zu gehen14: „Hier herrscht große Unreinlichkeit. Durch alle Straßen dieser Stadt
läuft ein künstlich geführter Bach. Dieser nimmt die blutigen Säfte von Fleischern
und Metzgern auf, den Gestank aller Küchen, den Schmutz aller Häuser, das Erbrochene
und den Harn aller [Passanten], ja sogar die Fäkalien von denen, die zuhause
keine Latrine haben. Mit diesem Wasser werden die Leintücher gewaschen, die
Weingläser gereinigt, ja sogar die Kochtöpfe. Das könnte man ertragen, wenn es
etwas [Rechtes] zu Essen gäbe: Das ganze Jahr über ernähre ich mich von Hühnchen.
Hier gibt es keine üppigen Gelage, und wenn schon einmal, wird es den Adligen denunziert
". 1538 hat der Stadtrat einen Abort über dem Stadtbach an der Buttergasse
(zwischen Schusterstraße und Münsterplatz) durch eine normale, gemauerte Sinkgrube
ersetzen lassen und für diese Arbeit einen Zuschuß bewilligt15 — allerdings
nicht der Reinlichkeit halber, sondern um den Stadtbach verlegen zu können.

Wichtig waren die Stadtbäche auch bei Feuersnot: Im Bereich Oberlinden gab es
„Wasserbretter", mit denen die Hauptmenge des Wassers in die Nähe des Brandherds
geleitet werden konnte16. Erst mit der verbesserten Wasserversorgung verloren sie
im mittleren 19. Jahrhundert ihre Funktion, dienten nun vornehmlich zur Entsorgung
von Kehricht und Regenwasser. Mit dem zunehmenden Wagenverkehr wurden nach
ca. 1840 die Bächle als Hindernis gesehen, an den Straßenrand oder gar in Rohre verbannt
— die Stadtverwaltung hat sie aber trotz mancher Widrigkeiten bewahrt.

Die Freiburger Geschichtsforschung hat sich mit den Bächle bislang nur selten beschäftigt
: Für M. Buhle galten sie als Fassung alter Wasserläufe, die bereits vor Stadtgründung
die Feldwege begleitet hätten; E. Hamm und W. Noack wiesen ihre Anlage
der „Gründungszeit" Freiburgs zu; F. Geiges glaubte, einen Beleg für ihren Bau im
13. Jahrhundert gefunden zu haben17. Wie bei zahlreichen anderen Forschungspro-
blemen zur frühen Stadt erlauben heutiges Erscheinungsbild, topographische Überlegungen
und spärliche Schriftquellen keine gesicherte Aussage18. Die stadtarchäologische
Forschung in Freiburg hat sich der Frage nach der Entstehungszeit der Bächle
zunächst nicht gezielt gewidmet. Verschiedene Grabungen haben allerdings seit 1989
wesentliche neue Beobachtungen und Argumente zu diesem Thema ermöglicht19.

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