http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1995/0025
von Stadtbächen, die grundsätzlich den Freiburger „Bächle" gleichen, Sie weisen
dort allerdings zwei Einspeisepunkte auf, so daß man auf eine nachträgliche Erweiterung
nicht nur des „Bächle"-Systems? sondern der ganzen Altstadt geschlossen
hat36. Wegen der Lage Villingens in der Talebene der Brigach waren keine größeren
Planiermaßnahmen in den Straßen erforderlich; wegen des hohen Grundwasserstands
fehlen dort mittelalterliche Keller, so daß Baureste des 12. Jahrhunderts nur mit Resten
der Schwellbalken oder in wenigen Fundamentlagen erhalten bleiben konnten.
Nach neuen Beobachtungen von B. Jenisch gibt es eine frühe Straßen- und Bebauungsstruktur37
, die anders ausgerichtet war als die bis heute überkommenen Straßen
. Das bislang älteste, dendrochronogisch datierbare Holzgebäude, das mit den
neuausgerichteten Straßen rechnet, zu denen die (erst viel später sicher faßbaren)
Stadtbäche gehören, stammt von 1176. Der große Infrastruktur-Ausbau fand also in
Villingen etwa zur gleichen Zeit statt wie in Freiburg,
Sehr viel häufiger waren größere Gewerbekanäle, die Mühlen, Schleifen, Färbereien
und Gerbereien mit Wasser versorgten, wie in Freiburg der „Gewerbebach" an
Gerberau und Fischerau bzw. dem Kronenmühlbach in der Wiehre. Diese Kanäle waren
normalerweise künstlich angelegt oder zumindest künstlich gefaßt. Dies gilt auch
für den Freiburger Gewerbebach, der zumindest im Bereich der Fischerau von einer
seitlichen Dammschüttung begleitet wurde. Archäologische Befunde zu solchen Kanälen
sind in den letzten Jahren z. B. in Tubingen ergraben worden.
Die notwendigen vermessungs- und wasserbautechnischen Kenntnisse waren damals
offenbar in allen wichtigeren Städten verfugbar. Aus Nordfrankreich, wo (trotz
Wasserreichtum) die flache Landschaftsstruktur beim Bau von Wassermühlen Probleme
bereitete, sind schon aus dem iL Jahrhundert „Vermessungsfachleute" bekannt
, die in Streitfällen Fallhöhen und Nivellements abstecken konnten38. Für den
deutschen Raum fehlen entsprechende, frühe Schriftquellen, Wasserleitungssysteme
und Kanäle an Burgen und Klöstern zeigen39, daß um 1100 auch in unserem Raum
Fachleute greifbar waren, die Vermessung und Nivellement solcher Anlagen abstecken
konnten. Es gibt keinen Grund, sie im Umfeld des neuen Zisterzienserordens
zu suchen40, dessen Klostergründungen erst einige Jahrzehnte später folgten -
wenn auch gerade im Umfeld von Zisterzienserklöstern bemerkenswerte wasserbautechnische
Anlagen aus dem 13, Jahrhundert faßbar sind. Woher die Fachleute kamen
, die das Nivellement der Freiburger Bächle entworfen und vermarkt haben, wird
unbekannt bleiben. Viele Elemente der frühen Freiburger Stadtgeschichte sprechen
für einen Zusammenhang mit Entwicklungen im französischen Raum. Dort aber sind
die Einrichtungen städtischer Infrastruktur bislang fast ebensowenig erforscht wie in
den meisten deutschen Städten.
Anmerkungen
i Für Hinweise, Auskünfte und Diskussion danke ich ganz besonders Stephan Kaltwasser, Frank Löb
becke, Burghard Lohrum, Monika Porsche, Hans Schadek und Peter Schmidt-Thome, Die nachfolgend
vorgestellten Beobachtungen wären nicht möglich gewesen ohne die gu£e Zusammenarbeit mit
der Unteren Denkmalbehörde, dem Hochbauamt und der Koordinierungsstelle des Tiefbauamtes der
Stadt Freiburg. Auch die Bauleiter der beteiligten Unternehmen zeigten Verständnis für unsere Forschungen
. Für verschiedene Details hoffen wir auf ergänzende Beobachtungsmöglichkeiten.
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