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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
114.1995
Seite: 81
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1995/0083
Im soldatischen Bereich, in welchem a priori der Tod als allgegenwärtiges Phänomen
präsent war und ist46, hat 'Schnitter Tod' gleichfalls seinen Schrecken behalten
, wiewohl äußerlich gebändigt durch Kleingruppenadhäsion und Zeremoniell. Gesichtspunkte
einer umfangreicheren Auseinandersetzung mit diesem Thema könnten
sein, Besonderheiten wie Übereinstimmungen militärischen Trauerverhaltens47 im
Rahmen frühneuzeitlicher Heere mit dem der feudalen und bürgerlichen Welt zu
beleuchten und in den Kontext gesellschaftlicher Reputation des Verblichenen resp.
seiner Familie zu stellen. Barocker Lebensstil wird hierbei so wenig vernachlässigt
werden dürfen wie der im 18. Jahrhundert einsetzende Wandel in der mentalen Verarbeitung
des Todes, wie er vornehmlich in der durch Lessing veranlassten Diskussion
um den Tod in der Antike48 und in der Verlegung der innerstädtischen Friedhöfe an
die Peripherie des bürgerlichen Lebenskreises zum Ausdruck kam49. Diese Astheti-
sierung der Todesproblematik in Theorie und Sepulkralkunst ging einher mit einer
zunehmenden Infragestellung ehedem anerkannter und verinnerlichter religiöser
Werte50. Insofern bildet der von uns gewählte Zeitraum Höhepunkt und Transition
zugleich einer ganzen Epoche51.

Soldatentod und Bestattung auf dem Schlachtfelde haben ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten52
, aus denen schon sehr früh Muster tradiert wurden, die noch heute
beobachtet werden und in dem üblichen europäischen bürgerlichen Totenbrauchtum
eine Sonderstellung einnehmen. Die Ausnahmebedingungen des Kampfes erheischten
eigentümliche Formen des (rituellen) Leichenzeremoniells53, wie sie uns bereits aus
Homers Ilias bekannt sind54. Vergleichen wir diese mit heutigen militärischen Beisetzungen
, so fallen die archaischen Relikte auf, die über Jahrtausende in den soldatischen
Leichenbegängnissen in der alten Welt trotz religiöser Unterschiedlichkeiten
und veränderter Todesbilder überdauert und diesen ihr besonderes Gepräge gegeben
haben.

Gleichwie auf dem Gebiete der Taktik im Zeitalter der Renaissance eine Wiederbelebung
antiker griechischer, römischer und byzantinischer Tradition in der orani-
schen Heeresreform durch Moritz von Oranien, Wilhelm Ludwig und Johann von
Nassau erfolgte55, so werden gerade auch die im Totenbrauchtum jedes Volkes zäh
tradierten Verhaltensmuster56 eine bruchlose Kontinuität erfahren haben, wie uns
viele, heutzutage nur noch wenig verständliche Elemente des militärischen Leichenzeremoniells
beweisen. Waren diese Totenfeiern anfänglich nur den im Kampfe gefallenen
Führern, also den in der sozialen und militärischen Hierarchie an der Spitze
Stehenden zugedacht, so bildete sich schon in der Frühzeit der Söldnerheere, dann
der stehenden Heere ein differenziertes Trauerverhalten heraus, das — abgestuft nach
Stellung in der militärischen Hierarchie — allen im Dienste verstorbenen Personen
des Soldatenstandes auch außerhalb von Kampfhandlungen zuteil wurde57. In den
Zeremonialbüchern58, Artikelsbriefen59 und ersten Reglements jener Zeit finden wir
detaillierte paradigmatische Anweisungen für den standesgemäßen Trauerritus, der
durch seine jeweilige Qualität Stellung und Rang des Verstorbenen signalisierte60
und als Teil der Sozialdisziplinierung und Herrschaftsstabilisierung gewertet werden
muß. Der sächsische Encyklopädist und Kompilator Fleming berichtet, mit ausführlichem
Bezug auf die funera indictiva der alten Römer, „von einer solennen Beerdigung
eines Officiers, wenn er in einer Kirche, oder sonst in einer ordentlichen Begräbniß-

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