http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1995/0120
Egid Joseph Karl von Fahnenberg ist ein typischer Vertreter der Aufklärung. Seine
Lebensmaxime heißt „Wissenschaft und Tugend". Die Religion ist Privatsache. Sie
darf nicht Gegenstand gesetzlicher Regelung sein. Dessen ungeachtet ist Fahnenberg
ein bedingungsloser Anhänger Josephs II. und hat gegen dessen Staatskirchentum
und rigorose Eingriffe in das religiöse Leben der katholischen Kirche keine Einwände
. Mit besonderem Lob hebt er die Bemühungen Josephs II. um die Herstellung
einer deutschen Reichskirche im Zusammenhang mit dem Emser Kongreß von 1786
hervor. Die deutschen Erzbischöfe hätten „den muthvollen Entschluß gefaßt, den unerträglichen
Anmaßungen des römischen Hofes gegen die Freyheit der deutschen Kirche
Einhalt zu tun. Der Kaiser brachte die Sache an den Reichstag. Hier aber siegte
politische Eifersucht über das Emporstreben der deutschen Kirchenfreiheit." Fahnenberg
stellt sich hier an die Seite des im Sinne des Josephinismus wirkenden Konstanzer
Generalvikars von Wessenberg. Als dessen Anhänger sorgt er bezeichnenderweise
auch dafür, daß die in Rotweil vakant gewordene Pfarrei mit einem engagierten
Vertreter der wessenbergschen neuen Richtung besetzt wird, nämlich mit Dr. Nepo-
muk Biechele aus Endingen. Er erreicht dies über die Familien von Beyer und -
später — von Gleichenstein, denen das Patronatsrecht für die Rotweiler Pfarrei zusteht
. Abschließend sagt er über Joseph IL: „... Daß seine Entwürfe großentheils
scheiterten, war theils dem unerbittlichen Schicksal der Menschen und theils den
Hindernissen zuzuschreiben, welche Dummheit, Aberglaube und Pfaffenwuth der
Ausführung der josephinischen Anordnungen in den Weg legten".4
Rund 150 Jahre lang, nämlich fünf Generationen, wenn man die Zeit nach der Integration
in das Großherzogtum Baden mitrechnet, war das Geschlecht der Fahnenberg
im Besitz der österreichischen Lehensherrschaft Burkheim. Und innerhalb dieser
fünf Generationen war Egid Joseph Karl der bedeutendste Vertreter der Familie. Der
Knabe, der am 9< Oktober 1749 in Möns (Belgien), im damals österreichischen Hennegau
, als einziges Kind der Eheleute Franz Xaver von Fahnenberg und Ursula von
Bode geboren wurde, war hochbegabt. Der Vater, ein Sohn des 1715 wegen seiner
Verdienste bei der Belagerung Freiburgs durch die Franzosen 1713 zum Freiherrn von
Fahnenberg erhobenen Rats Schreibers Dr. Franz Ferdinand Mayer, war als Hauptmann
mit seinem österreichischen Regiment in Möns in Garnison. Im Siebenjährigen
Krieg wurde er bei der Erstürmung der schlesischen Festung Schweidnitz verwundet.
Er starb 1761 im Lazarett in Breslau an den Folgen dieser Verwundung. Die Mutter
war eine Tochter des Reichskammergerichtsassessors Egid Johann Franz von Bode.
Vermutlich ist sie als Witwe wieder zu ihrer Familie nach Wetzlar zurückgekehrt,
denn der junge Egid hat dort bei den Jesuiten das Gymnasium besucht. Diese jesuitische
Schulung hat ihn nachhaltig geprägt. Sein Leben lang zitiert er in seinen Briefen
an den Sohn Karl die römischen Klassiker in Latein. Noch mit 74 Jahren ist er stolz
darauf, „Stellen aus lateinischen und deutschen Klassikern auswendig hersagen zu
können"5 Die Natur durchstreift er oft „in Gesellschaft eines Klassikers." Nach
dem Gymnasium studiert er in Würzburg und Heidelberg Rechtswissenschaft. Später
steht er im Ruf eines der „gelehrtesten und gründlichsten Rechtsgelehrten "6
Im Jahre 1777 heiratet er Karoline Sophie von Rueding, die ihm vier Söhne und
zwei Töchter zur Welt bringt. Auf die Erziehung und Bildung seiner Kinder, namentlich
der Söhne, verwendet er äußerste Sorgfalt, am meisten auf seinen Lieblingssohn
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