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die Tatsache hin, daß im Freiburger Fall die Verfolgung der Juden gewissermaßen eine „Präventivmaßnahme
" vor dem eigentlichen Auftreten der Pest darstellt (Schickl, wie Anm. 5, S. 537). Gleiches
dürfte für das Interesse des Rates an Informationen über Brunnen Vergiftungen durch Juden in
Colmar aus dem Jahre 1397 gelten. Knefelkamp wertet beide Quellenbelege dennoch als Hinweis auf
die Präsenz der Seuche aus (Knefelkamp, wie Anm. 6, S. 89). Auch Bader führt als einzigen Beleg
für den Schwarzen Tod in Freiburg die Verfolgung der Juden an (X Bader, Geschichte der Stadt
Freiburg im Breisgau. Bd. 1, Freiburg 1882, S. 262). Nauck wiederum verwendet diese Angabe Baders
nun als sicheren Beleg für ein Wüten der Epidemie in Freiburg (E. Th. Nauck, Aus der Geschichte
der Freiburger Wundärzte und verwandter Berufe, Freiburg im Breisgau 1965 [Veröffentlichungen
aus dem Archiv der Stadt Freiburg im Breisgau 8], S. 8). Der von Nauck außerdem an erster
Stelle zitierte Retzbach (A. Retzbach, Die Freiburger Armenpflege im 16, Jahrhundert, besonders
die Bettelverordnung vom 29. April 1517, in: Zeitschrift der Gesellschaft für die Beförderung der Ge-
schichts-, Alterthums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaften
33 [1917], S. 107—158, hier S. III) behandelt die Pest nicht. Auch die von Nauck angegebenen
Arbeiten Nohls (J. Nohl, Der schwarze Tod. Eine Chronik der Pest von 1348 bis 1720, Potsdam 1924
[Der Kulturspiegel Bd. 2]) und Heckers (J. F. C. Hecker, Der schwarze Tod im 14. Jh. Nach den
Quellen für Arzte und gebildete Nichtärzte bearbeitet, Berlin 1932) lassen keine entsprechenden
Schlüsse für Freiburg zu. Seine chronologische Aufzählung von sieben Seuchenfiülen im L5. Jahrhundert
, „die man wohl gemeinhin als Pest bezeichnete" (Nauck, wie Anm. 7, S. 8) wird von Ecker
konkret als „Nachrichten über das Auftreten der Seuche in der Stadt" (Eckbr? wie Anm. 5, S. 481)
interpretiert. Zu korrigieren ist bei den Angaben Eckers (wie Anm. 5, S. 481) zudem eine aus der
Arbeit Knefelkamps (wie Anm. 6, S. 89) übernommene Ungenauigkeit: Mayer führt lediglich für
1474 und 1492 Maßnahmen der Universität angesichts der Epidemie an, nicht jedoch für 1477 und
1480. Hier schließt er vielmehr aufgrund niedriger Studentenzahlen auf eine Typhus- bzw. Pestepidemie
(Mayer, wie Anm. 6, S. 21). Von einer regelrechten und organisierten „Verlegung*4 der Universität
schließlich, wie dies Ecker und Knefelkamp a.a.O. behaupten, ist in den von Mayer wörtlich
zitierten Quellen (Anm. 73, 74, 79) keine Rede — stattdessen wird deutlich, daß sich Studenten und
Professoren an die unter anderem im Pestgutachten der Pariser Universität ausgedrückte Prophylaxemaßnahme
hielten: Tritt die Pest auf, so wird empfohlen, so schnell und so weit wie möglich zu fliehen
und erst nach langer Zeit zurückzukehren: „cito longe fugas et tarde redeas" (K. Bergdolt,
Pest, Stadt, Wissenschaft — Wechselwirkungen in oberitalienischen Städten vom 14. bis 17. Jahrhundert
, in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 15 [1992], S. 201—211, hier S. 202).
8 T. Scott, Freiburg and the Breisgau. Town-Country Relations in the Age of Reformation and Pea
sants' War, Oxford 1986, S. 118. Der Autor gibt als Quelle ein im Stiftsarchiv von St. Paul im Lavanttal
befindliches Manuskript an, kontrastiert diese Angaben jedoch nicht mit denen Mayers.
9 H. Mayer, Die Universität Freiburg in Baden in der ersten Hälfte des XIX, Jahrhunderts, Bonn 1896
sowie Ders., Die Matrikel der Universität Freiburg im Breisgau von 1460 bis 1656. 2 Bde., Freiburg
i. Br. 1907 u. 1910.
m Mayer, (wie Anm. 6) S. 21: „In dem reguerischen Sommer 1480 trat die Seuche schon wieder auf;
in jenem Sommer kamen daher auch nur 17, im Winter darauf nur 6 Studenten. Das Jahr war übrigens
derart abnorm, daß vielfach erst im November geherbstet wurde und zu den Schrecken der Pestilenz
auch noch auf zwei Jahre eine Theuerung eintrat." (dazu bei Mayer der Verweis auf F. Schnurrer,
Chronik der Seuchen. Bd. 2, Tübingen 1823, S. 19 in Mayers Anmerkung 78).
n Mayer (wie Anm. 6) S. 21 Anm. 72 (hier schließt Mayer ex silentio aus einer fehlenden Erwähnung
Freiburgs, die Stadt sei im Gegensatz zu Basel und Konstanz während des gesamten 15, Jahrhunderts
weitgehend verschont worden) u. Anm. 77 und 78 (in diesen beiden letzteren Fällen ist von Freiburg
keine Rede).
12 Mayer (wie Anm. 6) S. 21 u. Anm. 76f.
13 „1349. Großes Sterben in ganz Deutschland. Man beschuldigte die Juden, daß sie Brunnen vergiftet
und dadurch das Sterben verursacht hätten." K. Walchner, Kleine Chronik denkwürdiger Begebenheiten
der Stadt Freiburg. Aus handschriftlichen und anderen Quellen, Freiburg 1826, S. 17, Zu Walchner
(1771—1837) vgl. P. P. Albert, Die Geschichtsschreibung der Stadt Freiburg im Breisgau in alter
und neuer Zeit, Freiburg, 1902, S. 70f.
14 S. o. Anm. 7 mit der Anmerkung Schickls.
15 Allerdings verwendet diese Quelle den Begriff „pestis" auch für eine 1333 aufgetretene Erkrankung.
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