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den jüdischen Handelsleuten seitens der vorderösterreichischen Zollstellen in den
Weg legte, um ihnen den Zugang zu den vorländischen Märkten zu verwehren. Der
Hinweis des Beschwerdeführers, daß selbst der Herr Lazarus von Schwendi, „vnan-
gesehen dz er die Judenschafft hefftig verfolgt", auch der Herr von Rappoltstein und
andere Herren, „deßgleichen alle Stät als Frejburg Brejsach vnd Newenburg vnnd andere
Inn Iren gepieten zulassen, wann ein Jud oder Jüdin am durch Raissen den Zoll
wie von Alter raicht, das sie vnangefochten vnd durchgelassen vnd passiert werden
sollen" trug den genannten Städten die landesfürstliche Mißbilligung ihres nachsichtigen
Umgangs mit den jüdischen Handelsreisenden ein. Dies geht aus einer Anordnung
der vorderösterreichischen Regierung hervor, die der Stadt Freiburg mit einer
Abschrift der verworfenen Beschwerde im Juli 1578 zur künftigen Beachtung über-
sandt wurde.78
Die auf Befehl des Landesherrn erlassene Verfügung des Ensisheimer Regiments,
daß den Juden fortan „mit nichten gestattet werde", die Vorlande zum Besuch der
freien Märkte und Handelstage zu durchreisen, unterband die bis dahin offenbar noch
geduldete Handelstätigkeit der aus Vorderösterreich vertriebenen Juden in ihrer früheren
Heimat und scheint zumindest in jenen Landesteilen, in denen die Habsburger
das „imperium absolutum et immediatum" innehatten, bis zum Verlust ihrer linksrheinischen
Besitzungen von den „nachgesetzten Oberkhaiten" ebenso strikt wie bereitwillig
befolgt worden zu sein.
Ein jüdischer Arzt, der 1591 als Einwohner von Krozingen bezeugt ist,79 wird
wohl der einzige Jude gewesen sein, dem zwischen 1574 und 1638 der zeitweilige
oder dauerhafte Aufenthalt im vorderösterreichischen Breisgau gestattet wurde, Erst
nach der Eroberung der habsburgischen Festung Breisach durch Herzog Bernhard
von Sachsen-Weimar im Dezember 1638 entstand in der 1648 an Frankreich abgetretenen
und erst 1700 an Österreich zurückgegebenen Stadt, in der seit über zweihundert
Jahren keine Juden mehr gelebt hatten,80 abermals eine jüdische Gemeinde, die
1681 eine „neuerbaute Synagoge" besitzt81 und bis zur Deportation der badischen
Juden im Oktober 1940 Bestand haben wird.82
Zusammenfassung
Die zunehmende Entrechtung der vorderösterreichischen Juden, die ihrer 1573 von
Erzherzog Ferdinand IL verfügten Ausweisung vorausging, wird im Vergleich der
Ensisheimer Judenordnungen von 1526 und 1547 al s Resultat der von den landständischen
„Städten und Landschaften" betriebenen Judenpolitik faßbar. Die 1546 von König
Ferdinand L erlassenen und über die gesamte Judenschaft verhängten Niederlas-
sungs- und Handelsbeschränkungen trafen eine kaum mehr als dreihundert Seelen
zählende Diasporagemeinde, die um 1540 über achtzehn links- und rechtsrheinische
Wohnorte verstreut war. Beinahe ein Drittel der vorländischen Judenschaft wohnte im
oberelsässischen Bergheim, wo auch der vorderösterreichische Landrabbiner saß. Im
Unterschied zu den „Reichsleuten zu Türckheim", die sich erst auf Geheiß Kaiser
Maximilians IL von ihren jüdischen Hintersassen trennten, erwirkten die Bürger von
Bergheim schon 1568 die landesfürstliche Zusage, die „allbereits" von dort vertriebenen
Juden in den folgenden zwanzig Jahren nicht wieder bei sich aufnehmen zu müs-
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