Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 90
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0092
Wegen seiner Äußerungen zum Zölibat beschwerte sich das Ordinariat 1832 heftig
über Schreiber mit der Absicht, ihn aus seinem Lehramt zu entfernen, ein nach
Schreibers Ansicht sowohl seine Würde als auch die der Universität entehrendes
Spiel. Bei der Durchreise des Großherzogs war Schreiber erstmals mit den Beschwerden
des Ordinariats konfrontiert worden, In diesem Zusammenhang ist in Ansätzen
ein kleiner Einblick in die universitäre Gerüchteküche und das Ränkespiel
möglich. Schreibers Kollege Duttlinger hinterbrachte ihm, daß einer seiner früheren
Lehrer und jetziger Kollege an der Anklage gegen ihn beteiligt sei, womit offenbar
Leonhard Hug gemeint war. Ein anderer, ungenannter Kollege behauptete von Hug,
daß dieser Schreibers Werke verboten sehen wolle. Hug habe gesagt: „Was, widerlegen
, verbieten muß man es; das Buch kann, darf und wird nicht Vorlesebuch bleiben
." In einer Auseinandersetzung habe Hug Schreiber angeherrscht: „Sie haben in
Ihrem Buche eine Dummheit gemacht; unser Cölibatsgesetz ist gut, der Gescheidte
weiß schon damit fertig zu werden. Die Hauserinnen sind die Weiber der Geistlichen
. Wir schauen keinem hinter den Bettvorhang, aber vor dem Publicum soll er
sich gebührlich aufführen." „.. . aber man kann und muß verlangen, daß Sie sich
nicht laut und öffentlich gegen ihre Kirche auflehnen " „Bliebe ich [Hug] an der Universität
, so würden sie (Erzbischof und Domkapitel) mich als Opponenten ansehen;
Sie würden mir Spionen in die Collegien schicken, mich schikaniren, kurz sie würden
es mir gerade ebenso machen, wie man es Ihnen seither gemacht hat."58 Man
darf nicht vergessen, daß auch Schreiber diese und andere Zitate weitgehend aus dem
Zusammenhang herausgerissen hatte, sie in einer Kampfschrift einsetzte, um seine
Gegner anzugreifen und zu diffamieren, Schreiber ist sicherlich auch als Opfer der
politischen Gesamtlage anzusehen, er selbst sah sich am liebsten in der Rolle eines
Märtyrers. „Schreiber selbst war als erstes und möglichst abschreckendes Opfer der
Universität, welches der hierarchischen Gewalt und den päbstlichen Interessen gebracht
werden sollte, ausersehen."59 Der Senat setzte sich für Schreiber, „. . . einen
unserer ausgezeichnetsten Lehrer .. " ein, noch bevor das Ministerium überhaupt
an die Universität herangetreten war.60 Das Gremium bat, keinerlei Maßregeln
gegen Schreiber zu veranlassen, „. . . bevor nicht auch der Senat gehört sei,
welcher die hiebei zu beachtenden Rechte und Interessen der Universität als höhere
durch Stellung und Beruf über das Geschrei der Parteien erhobene Lehranstalt, und
zumal das Recht der Lehrfreiheit in keinen andern als den gesetzlichen Schranken
zu vertreten die natürliche Verpflichtung habe." Der Senat betonte seine Hochachtung
vor Schreiber als Wissenschaftler und Lehrer und bezeichnete ihn als Hauptstütze
der theologischen Fakultät. Einen besonderen Stellenwert für die Universität
hatte in dieser Zeit mit Gewißheit das Eintreten Schreibers für die Lehrfreiheit und
Selbständigkeit der Hochschule.

Als später Schreiber dem Senat zu den Vorfällen noch einmal eine Erklärung abgab
, dankte ihm der Senat mit: „.. . welcher Energie der Herr Verfasser [Schreiber]
die Rechte der Universität als selbstverständigen Lehrkörpers verfochten habe .. ."
Man darf dies sicherlich als Vorspiel für Schreibers Pensionierung 1845 ansehen,
doch waren 1832 die Verhältnisse zwischen Staat und Kirche noch andere. Im Januar
erklärte daher das Innenministerium dem Ordinariat, Schreiber werde eine Erklärung
zu den Vorwürfen gegen ihn, insbesondere zum Zölibat und den kritisierten Rassagen

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