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Schreibers Gesundheitszustand offensichtlich, da derartig lange Ausfallzeiten nicht
mehr zu belegen sind.64
Mit der Begrüßung und Aufnahme in die philosophische Fakultät am 6. Oktober
1836 fand der VersetzungsVorgang ein Ende.65 Nach Darstellung Schreibers habe der
damalige Weihbischof Vicari darüber frohlockt, endlich keinen Opponenten mehr in
der theologischen Fakultät zu haben. Damit waren die Beschwerden des Ordinariats
seit 1832 doch bedingt erfolgreich gewesen. Schreiber konnte dies nicht ohne persönliche
Botschaft an die Öffentlichkeit hinnehmen. Er äußerte in der Allgemeinen Kirchenzeitung
vom April 1837 seine Befürchtung von einem Ende der allgemeinen
Lehrfreiheit und sah sich als Opfer amtskirchlicher Intrigen, Verunglimpfungen und
Verketzerungen. Typisch für Schreiber ist die collagenartige Zusammenstellung von
ausgewählten Quellenstücken des Vorgangs, die er nur mit spärlichen Kommentaren
versah und ansonsten für sich selbst sprechen ließ; eine Technik, die Schreiber beispielsweise
auch bei seinen historischen Veröffentlichungen anwandte,66
Schreibers Tätigkeit in der neuen Fakultät war vom Gang des Alltäglichen geprägt
und weitgehend unauffällig, meist wird er nur in Bezug auf Bücherwünsche, Gutachtertätigkeiten
und aufgrund seiner Vorlesungen in den Fakultätsprotokollen erwähnt.
Auffallend war sein Desinteresse an den Fakultätssitzungen, die er nur in seinem
ersten Jahr besuchte. Dieses Verhalten trug ihm einen Tadel des Senats ein, daß Ordinarien
nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten hätten, wozu die Fakultätssitzungen
gehörten. Der Senat scheute sich dabei nicht, Schreiber und anderen Kollegen im Bedarfsfelle
mit Beschwerden vor dem Kurator zu drohen. Der Fakultätseingabe vorangegangen
waren Beratungen, die Feuerbach und Schreiber als ständig fehlende Mitglieder
gleichermaßen betrafen. Da ein entsprechender Beschluß der Fakultät zur
Anwesenheitspflicht durch Umlauf keinen Erfolg hatte, wurden Feuerbach und
Schreiber persönlich angeschrieben. Während Feuerbach die Gemüter durch eine
Antwort beruhigen konnte, reagierte Schreiber überhaupt nicht. Die Fakultät sah die
Anwesenheitspflicht der Mitglieder als ein Mittel zur Pflege und Förderung der Kollegialität
. Das demonstrative Desinteresse Schreibers veranlaßte sie schließlich zu
der Eingabe an den Senat. Dennoch kann man nicht davon ausgehen, daß damit
Schreibers dauerhafte Anwesenheit in den Sitzungen gewährleistet worden war.67
Schreibers fachliche Qualifikation war jedoch über jeden Zweifel erhaben. Von Bedeutung
für seine spätere Suspension wurde die Bitte des Dekans vom Januar 1837,
unterstützt von der gesamten Fakultät, die Ethikvorlesungen des erkrankten Kollegen
Reidel im Sommersemester 1837 zu übernehmen. Bereits zuvor hatte Schreiber in
Examina der philosophischen Fakultät Ethik geprüft. Nachdem sich Schreiber bereit
erklärt hatte, diese Vorlesung Reidels zu übernehmen, informierte die Fakultät auch
den Senat. Von diesem Zeitpunkt an gehörten die Ethikveranstaltungen Schreibers zu
seinem Standardprogramm, das er jedes Semester anbot.68 Legt man seine Bücherwünsche
zugrunde, kreisten seine Interessen 1837 vor allem um die mittel- und althochdeutsche
Sprachwissenschaft, Wörterbücher und Grammatik, 1838 ergänzen
Schriften des badischen Landeshistorikers Mone und der alt- und anglosächsischen
Sprachwissenschaft seinen Wunschzettel, 1840 war es die Numismatik, später Literatur
zu Archäologie, Ur- und Frühgeschichte Spaniens und Germaniens. Seine Interessen
und hilfswissenschaftlichen Talente kamen in seinem eigentlichen Lehrfoch fest
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