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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 107
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0109
Relativ kurze Zeit nach dem Vorlesungsverbot wurden Studenten für Schreiber
aktiv, wie aus den Lebenserinnerungen von Hermann Mors hervorgeht. „Es verstund
sich nun von selbst, daß er keine Vorlesungen über Fächer der Gottesgelehrtheit mehr
lesen durfte und wollte; daß es ihm aber verboten sein sollte, Vorträge über Zweige
der Weltweisheit oder Geschichte zu halten, und daß ihm sogar die Ankündigung derselben
auf Befehl des Prorectors der Hochschule vom sogenannten schwarzen Brette
würde abgenommen werden, hätte wohl niemand gedacht." Die Studenten initiierten
eine Versammlung in der Aula und beschlossen mit „... zwei Drittheilen der Ge-
sammtzahl der Hochschüler . . " eine Abordnung zu Schreiber zu schicken, die ihm
Hochachtung und Unterstützung versichern und ihre Entrüstung über die Maßnahmen
gegen ihn auszudrücken sollte. Als zweites wurde ein Silberbecher mit Gravur
als Geschenk und ein Fackelzug mit Musik zum Haus Schreibers beschlossen. Darüber
hinaus wollten die Studenten „... ihm zur Abhaltung der ihm in dem Hochschulgebäude
verbotenen Vorlesungen eine passende Räumlichkeit . . " beschaffen.
Einige Tage später fand der Festzug statt. „Nachdem der Sprecher der Abgeordnetenschaft
seine Anrede beendet und den Becher überreicht hatte, dankte Herr Schreiber
in schönen Worten herzlich, und sichtlich gerührt für die Theilnahme, die wir an der
ihm zugefügten Kränkung nahmen, und fügte mit besonderer Betonung bei, daß ihm
unsere Gesinnungen und Gefühle die liebste und beste Genugthuung für das erlittene
Unrecht wären."103 Die Kundgebung endete schließlich mit einem Gaudeamus igitur
und einem bierseligen Besuch in einer Brauerei. Diese Aktion zeigt das intensive Verhältnis
Schreibers zu den Studierenden, das er offensichtlich trotz mangelnder Zuhörer
in manchen seiner Vorlesungen und seinen Auseinandersetzungen mit der katholischen
Kirche nicht verloren hatte. Schreiber schöpfte durch derartige Veranstaltungen
wieder Mut, die ihn zur Ankündigung veranlaßten, in absehbarer Zeit über religiöse
Bestrebungen im 19. Jahrhundert zu lesen. Dies steht jedoch nicht im Widerspruch
zur Äußerung des ehemaligen Theologiestudenten und späteren Priesters Leopold
Kist, daß es Schreiber nicht gelang, die Studenten für den Deutschkatholizismus zu
gewinnen. Es ist überhaupt sehr fraglich, ob Schreiber dies versucht hat, obwohl es
ihm immer wieder unterstellt wurde.104

Schreiber versuchte zunächst, durch Abhaltung von Ethikvorlesungen in seiner Privatwohnung
seine Suspension zu umgehen, doch gelang ihm dies nur kurze Zeit. Bereits
Ende Mai war das Ministerium darüber in Kenntnis gesetzt und schaltete den
Universitätskurator ein. Am 5. Juni wurde dem Senat mitgeteilt, daß Schreiber in seiner
Privatwohnung keinerlei Ethikvorlesungen mehr halten dürfe, die Suspension
eine sofortige sei und bis zu einer endgültigen Entscheidung Gültigkeit besitze. Die
Suspension wurde zu diesem Zeitpunkt noch als provisorische Maßregel bezeichnet,
die keinerlei endgültigen Charakter habe. Offensichtlich waren selbst die maßgeblichen
Karlsruher Regierungskreise tendenziell noch pro Schreiber oder zumindest
noch nicht eindeutig gegen ihn eingestellt. Schreiber versuchte dieses Leseverbot
noch einmal zu unterlaufen, indem er ankündigte, im Wintersemester 1845/46 badische
Geschichte lesen zu wollen, jedoch ohne Erfolg.105

Im August initiierten Studenten eine Eingabe an den Senat mit Unterschriftenaktion
zugunsten Schreibers, in der sie baten, sich für Schreiber beim Ministerium einzusetzen
. „Der hochlöbliche akademische Senat wolle höheren Ortes gütigst dahin wir-

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