Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 110
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0112
Unter dem Prorektorat von Woringen gab es am 23. Februar 1849 noch einmal einen
Vorstoß vor dem Senat, die Reaktivierung Schreibers zu betreiben, zu einer ministeriellen
Eingabe kam es jedoch erst unter dem Prorektorat des Theologen Adalbert
Maier, der Schreiber schon früher in seinen Vorlesungen vertreten hatte. Anlaß waren
die Beratungen einer Neufassung der Religionsfreiheit in den beiden Kammern der
badischen Landstände, wonach die Zugehörigkeit Schreibers zu den Deutschkatholiken
als Entlassungsgrund nach Auffassung des Senats nun wegfiele. Diskutiert wurde
im Senat lediglich, welche Fächer der philosophischen Fakultät Schreiber lesen sollte,
die Frage, ob er überhaupt lesen sollte, stand außer Zweifel, und auch der Senat
empfahl die Reaktivierung Schreibers. Im April reagierte der Universitätskurator mit
dem Hinweis, daß eine Reaktivierung zur Zeit noch zu früh sei und man die weiteren
Entwicklungen abwarten müsse, Im September wurde der Kurator konkreter. Ausdrücklich
bezeichnete er die Reaktivierung Schreibers wegen seiner historischen und
landesgeschichtlichen Kenntnisse als wünschenswert. Er sah es jedoch als eine Voraussetzung
an, Schreiber in diesem Fall auf seine historischen Hilfswissenschaften als
Fächer festzulegen, um nicht durch eine Lehrtätigkeit, wie im Falle der Ethikvorlesungen
, erneut Konflikte hervorzurufen. Warum dieser Hinweis auf Verhandlungen
mit Schreiber keine weiteren Folgen hatte, bleibt spekulativ. Eine Verpflichtung wäre
für Schreiber kaum akzeptabel gewesen, da dadurch eine Beschränkung der Lehrbefugnis
und der Lehrfreiheit gegeben gewesen wäre, die er immer vehement und
kompromißlos verteidigt hatte. Schließlich hatte sich auch die Universität 1849 noch
einmal darauf festgelegt, daß ein Angehöriger einer Fakultät alle darin vertretenen Fächer
lehren dürfe. Aus diesen Gründen konnten die Vorstellungen des Kurators wohl
kaum mit denen Schreibers und der Universität in Einklang gebracht werden, obwohl
aufgrund der neuen Religionsfreiheiten der Suspension rechtlich alle Grundlagen entzogen
worden waren. Die Regierung und der Universitätskurator sahen im Falle einer
Reaktivierung Schreibers wieder Auseinandersetzungen mit dem Ordinariat auf sich
zukommen, die völlig unerwünscht waren und die es zu vermeiden galt.111

Der Pensionär und Privatmann Schreiber sorgte noch einmal für Aufregung, als er
1846 Anna Fuchs heiratete. Nach dem Tod seiner Frau 1853 heiratete er ein zweites
Mal, jedoch trennte er sich von seiner zweiten Frau schon nach einem Jahr. Die Gegner
Schreibers verziehen ihm diesen Schritt nie und verleumdeten ihn heftig» „Er
trat, nachdem er während eines Menschenalters gegen den Zölibat geschrieben und
vom Katheder herab gegen denselben gedonnert hatte, in den Ehestand, und nachdem
sein Weib, das er blos aus Rücksichten und zur Satisfaktion geehelicht hatte, bald mit
Tod abgegangen war, verheiratete er sich zum zweiten Male, was ihm aber notorisch
sehr schlecht bekommen hat. Sein zweites, im Verhältnis zu ihm sehr junges Weib,
das vom Zeitgeiste durchtränkt war, setzte ihm, wie man zu sagen pflegt, Hörner auf,
infolgedessen es zur Ehescheidung kam, die für den alten, erotisch durchglühten
Apostaten die unangenehme Folge nach sich zog, daß er dem von ihm getrennten
Weib eine Pension ausbezahlen musste. Dieser schrecklich mißglückte Versuch, sich
der erträumten Glückseligkeit des Ehestandes teilhaftig zu machen, kühlte den Enthusiasmus
des langjährigen Kämpfers für die Aufhebung des Zölibats dermaßen ab,
daß er weit unter den Gefrierpunkt hinabsank." Zu seiner hämischen Beschreibung,
die knapp zwanzig Jahre nach Schreibers Tod erschien, fügte der fast militant zu nen~

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