Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 147
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0149
, milde Stiftung* zur Unterstützung von Handwerksburschen und Gesellen während
der Ausbildung mit Namen „Max-Dortu~Stiftung für arme Potsdamer Handwerksburschen
und Gesellen44 einzurichten, welcher die jährlichen Zinserträge des Erbes
zukommen solle, ausgewählt durch eine Kommission, bestehend aus einem Meister
und zwei Altgesellen, und auszahlbar am Todestage des Sohnes.35 Den verbleibenden
Rest von 30 000 Rtlr. sollten sich zwei Brüder der Witwe, darunter der ebenfalls
in die Revolte involvierte Kommandeur eines Volkswehrbataillons in der Pfalz,36
und eine Halbschwester37 aus der zweiten Ehe der Mutter Charlottens teilen. Die
Briefschaften und andere schriftliche Unterlagen Maxens sollte der Mitarbeiter bei
der „Revue germanique" in Paris, Maurice Hartmann, erben.38 Doch der nunmehrige
preußische König, der einstige ,Kartätschenprinz', versagte am 19. November
1864 der Stadt Potsdam, der er noch der Ereignisse des Jahres 1848 wegen grollte,
die Annahme derselben. Damit fiel der zugedachte Betrag in die Gesamterbmasse39
zurück und floß nun an die besagten Nachkommen. Einzig die letztwillige, sicher
ganz im Sinne ihres verstorbenen Mannes ein halbes Jahr vor ihrem Tode getroffene
Verfügung40 Frau Dortus sollte Bestand haben. Dieser Testamentszusatz lautete:
„Ich vermache der Stadt Freiburg im Großherzogthum Baden 1000 Gulden mit der
Verpflichtung, von den Interessen [i.e. Zinsen] die Gruft, die ich für meinen Mann
und Sohn auf dem Kirchhofe der Wiehre habe erbauen lassen, in gutem Zustande erhalten
[sie!], so wie auch die Särge, den sie umgebenden Garten und das eiserne Gitter
, und zwar dies Alles auf ewige Zeiten. Sollte dieselbe in einem Jahre nicht alle
Interessen zur Instandhaltung nöthig haben, so soll der Ueberrest an Arme vertheilt
werden."41 Der Passus „auf ewige Zeiten" deutet schon die Zielrichtung an: den
Namen und die Taten des Sohnes über die Zeitläufte hinweg zu retten und in einer
Art privater Denkmalstiftung den vom Staate vorenthaltenen Trauerdienst und die dadurch
ausbleibende Reputation nachträglich zu institutionalisieren und einzuholen,
somit die ,Sinngebung des Sinnlosen4 zu erreichen. „Gegendenkmäler können so
dazu beitragen, innenpolitische Frontstellungen zu entschärfen, den Betrachter dazu
aufrufen, neue Antworten zu suchen, statt die Erinnerung an den ehemaligen innenpolitischen
Feind auszulöschen."42 Eines Spezifikums eines Gegendenkmals jedoch
mußte die Gruftkapelle Dortus entbehren: der politischen Aussage, die allein erst die
Voraussetzung einer Auseinandersetzung mit Person und Tat ermöglicht hätte. Aber
nach dem Austreten der revolutionären Flamme bequemte sich das Bürgertum, resignierend
zwar, an seine ihm zugedachte Rolle in einem zu einenden Deutschland und
verriet so seine liberalen Ziele, die auch von den eigentlichen revolutionären Rädelsführern
während der Auseinandersetzungen bereits vielfach mit Füßen getreten worden
waren. Wie oben bereits gezeigt, konnte erst Jahre später durch die Angabe der
Todesart „erschossen" an der Gruftwand auf das Besondere dieses Grabes verwiesen
werden, ohne daß, da eine s,Täterbeschreibung" verständlicherweise nicht opportun
war, eine Konfrontation oder auch nur eine kritische Fragestellung herbeigeführt werden
konnte. Aber auch die offiziellen, den gefallenen Soldaten der Bundesexecutions-
truppen gewidmeten Denkmäler entbehren zumeist der Aggressivität und jenes hohlen
Pathos*, wie es später, als Massenware, nach den siegreich gewonnenen Kriegen
zum Maßstab erhoben wurde. Die Erinnerungszeichen jener Zeit verwenden im allgemeinen
die vorgegebenen Stilmuster, von denen Obelisken, Säulen und neogotische

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