Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 150
(PDF, 35 MB)
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durch Besorgung der Pflanzungen etc. stets in gutem Stande zu erhalten, und auf die
Feiertage von Allerheiligen zu schmücken, wozu erforderliche Zierpflanzen etc. von
dem Stadtgarten abgegeben werden sollen"61

Einen für den Friedhof entscheidenden Einschnitt in die vorhandene Struktur bedeutete
die Anfang dieses Jahrhunderts vorgenommene Reduzierung eines Teiles der
Südseite im Gefolge der Weiterführung der Erwinstraße in östliche Richtung und der
Bebauung dieses Geländes, wodurch 33 Grabstätten eingeebnet und deren Grabsteine
verlegt werden mußten. Die Grabstelle Dortu wurde ausdrücklich davon ausgenommen
,62 Noch einmal, Anfang der 20er Jahre unseres Saeculums, drohte dem Grabmal
Gefahr, als der lange schon geschlossene Friedhof im Rahmen der öffentlichen
Notstandsarbeiten gemäß Erlaß Reichsministerium der Arbeit vom 17. November
1923 in einen Kinderspielplatz umgewandelt wurde.63 Bei den Vorarbeiten hierzu
wurde jedoch ausdrücklich bestimmt, daß das Dortu-Grab erhalten werden solle;64
die seinerzeitigen politischen Verhältnisse begünstigten diese Entscheidung. In diesem
Zusammenhange darf auch ein Vorgang nicht unerwähnt bleiben, der ein bezeichnendes
Licht auf die Tradition deutscher revolutionärer Tugenden wirft. Anläßlich
einer durch das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" am 30. Juli 1926 geplanten
Gedenkfeier mit Kranzniederlegung vor dem Grabmal Dortus fenden die Genossen
das Friedhofstor verschlossen vor. Rechtsanwalt Dr. Föhrenbach, der Organisator der
Veranstaltung, wollte die Versammelten draußen stehen lassen, ein Schlosser aber
öffnete eigenmächtig das Tor, so daß der Kranz an der vorgesehenen Stelle abgelegt
werden konnte. Für diesen ,Rechtsbruch' bat Föhrenbach den Stadtrat nachträglich
um Entschuldigung!65

Blieb in Freiburg in der Zeit der nationalsozialistischen Regierung das Grab Dortus
zumindest unversehrt und im Bewußtsein vieler Freiburger Einwohner präsent, „so
war der Name Dortu in Potsdam ausgelöscht",66 wie Julius Haeckel in den 30er Jahren
unseres Jahrhunderts notierte. Die ,Zeitgeistströmungen4 jener Jahre waren der
48er Revolution und ihren Folgen nicht hold. Veränderte politische Rahmenbedingungen
in beiden nach dem Zweiten Weltkriege entstandenen Staaten auf deutschem Boden
, die die Freiheitsbewegungen des letzten Jahrhunderts zu Geburtszeugen der Demokratie
aufwerteten und Traditionslinien bis in die Jetztzeit zogen und ziehen,67
spülten auch den Namen Dortu wieder an die Oberfläche. In seiner Geburtsstadt, in
der 1948 die zweihundertjährige Waisenstraße in Dortustraße umbenannt68, die im
Nachbarhause, dem einstigen Lyzeum, untergebrachte Schule seinen Namen erhielt
und eine LPG des Typs III auf der Bornstedter Flur 1958 nach „Max Dortu" benannt
wurde, wird sein Name auch heute noch Tag für Tag genannt, zumindest bei den
Städtischen Verkehrsbetrieben, die ihn beharrlich mit falscher, weil deutscher Pro-
nunziation an der Haltestelle Dortu-ZCharlottenstraße ausrufen lassen. Auch Freiburg
hat sich seiner Person wieder erinnert und läßt an Allerheiligen, dem traditionellen
katholischen Totengedenken auf den Friedhöfen, sein Grab wie eh und je herrichten
und schmücken. Neben dieser traditionellen, aus der Stiftung hervorgegangenen Ehrung
und einer Straßenbenennung im Stadtteil St. Georgen hatte die sozialdemokrati-
sehe Stadtratsfraktion vor einigen Jahren die Übung eingeführt, am Todestage einen
Kranz am Grabe niederzulegen, um auch auf diese Weise ihre Verbundenheit mit dem
vordemokratischen „Volksbefreier", wie er sich selbst in seinem angeblich letzten

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