Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
115.1996
Seite: 195
(PDF, 35 MB)
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1905

1909

Zentrum

28 Mandate

26

Sozialdemokraten

12

20

Nationalliberale

23

17

Demokraten + Freisinn

6

7

Konservative

3

3

Bund der Landwirte

1



Die Sozialdemokraten hatten in 18 Jahren (1891—1909) von 2 zu 20 Sitzen zugelegt
, somit deutlich zu-, die andern Parteien unterschiedlich abgenommen. Das
Wahlergebnis insgesamt im Lande und speziell in Schwetzingen schlug hohe Wellen.
Es war schon damals so, daß die Parteien ihre Wahlergebnisse — selbst kommentierend
— in ein optimistisches Licht zu tauchen suchten, um ihre Ausgangsposition
für die parlamentarische Arbeit so günstig wie möglich darzustellen.

Im Nachhall der Wahlentscheidung lassen die Kommentare der politischen Presse
die anhaltende Erregung der Wählerschaft über den Ausgang der Stichwahl spüren.
Dafür zwei Beispiele:

Zumal örtliche Enttäuschung schlägt sich in leidenschaftlicher Argumentation und
in trotziger Attitüde nieder:88 Ein politischer Kommentar über die Schwetzinger
Vorgänge lautet so: „Der evangelische Pfarrer Karl ist trotz heftiger Gegenwehr der
„Karlisten" mit 275 Stimmen Minus dem sozialdemokratischen Expedienten Kahn
unterlegen. Pfarrer Karl hat im zweiten Wahlgang fast noch weitere 1000 Stimmen
auf sich vereinigt. Die Niederlage ist eine ehrenvolle, ja ein moralischer Sieg. . . .
Es wählten und wühlten Professoren, Doktoren und Bezirksräte, die bekanntlich
staatlich abgestempelten Stützen der nationalliberalen Partei, unentwegte Säulen von
Thron und Altar, sie wählten — sozialdemokratisch. . . . Die „Karlisten" kämpften
ohne Presse, ohne Beamtenschaft, ohne einflußreiche Herren unter dem Druck der
unverschuldeten Reichsfinanzreform gegen den rasenden Großblock und trotzdem
2564 Stimmen. Ist das kein Sieg? Gibt das keine Hoffnung? Die rote Farbe des neuen
Landtages ist das Morgenrot der Hoffnung der „Karlisten"! Die „Karlisten" geben
nicht nach!"

Das andere Beispiel kommt aus dem kirchlichen Lager, es gibt dieselbe Stimmungslage
wieder. Dies gilt auch für das politisch sonst so zurückhaltende kirchlich-
rechte", also das gemäßigt pietistische, „kirchlich-positive" Lager. — dies auch
noch mit antisemitischen Untertönen, wie es wohl einer ländlichen Grundstimmung
weiter Kreise entsprochen haben mag. Man liest da: „Eine revolutionäre Sturzwelle
ergoß sich auch übers badische Land, als Liberale aller Abschattungen den Bund mit
der Sozialdemokratie schlössen und von diesem Großblock alles Heil erwarteten. . ..
Die christlich- kirchliche Kandidatur Pfarrer Karl ist ehrenvoll unterlegen mit 2564
Stimmen gegen 2839 Stimmen des demokratisch-nationalliberalen-sozialdemokrati-
schen-jüdisch-kirchenfeindlichen Großblocks, d. h. der Kandidatur Kahn! Kirchen-
gemeinderäte, die sich evangelisch nennen und christlich tun, Bezirksräte, Professoren
, Doktoren, die entweder selbst aus evangelisch-christlichen Pfarrhäusern stammen
oder ihnen nahe verwandt sind — alle trugen den roten Schlips und agitierten

195


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