http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0235
Schwerpunkts und der zunehmenden Ostorientierung, die in die spätere Donaumonarchie
mündete,
Baum faßt die Fakten im Sinne einer Ereignisgeschichte der herrschenden Dynastie und ihrer
vorländischen Aktivitäten zusammen und ordnet sie weitgehend chronologisch nach Regentengestalten
. Obwohl viele Fakten zur vorderösterreichischen Geschichte und dem habs-
burgischen Länderkomplex vor Arl und Fernpass genannt werden, glaubt man doch kaum eine
Arbeit über diese oberdeutschen Territorien vor sich zu haben. Friedrich, Albrecht und Sigmund
sind die aktiv handelnden Personen, sie schlagen die Schlachten, bauen die politischen
Systeme und heiraten. Andere Faktoren oder Strukturen treten in den Hintergrund und auch
Land und Leute spielen allenfalls die Rolle von Statisten.
Das Fehlen eines Registers und die nur wenig strukturierte Darstellung, abgesehen von der
Chronologie, bereitet dem Leser gerade bei einem kompendienhaften Titel viele Mühen. Zur
Einarbeitung neuerer Literatur ist zu bemerken, daß einerseits fleißig bibliographiert wurde,
aber andererseits wichtige Titel unerwähnt blieben, die dem Autor sicherlich nicht entgangen
sein können. Weitere Titel werden ohne nennenswerte inhaltliche Auseinandersetzung oder
Einarbeitung in den Text nur in Fußnoten genannt. Die personenzentrierte Sichtweise Baums
mag ein Grund dafür sein, daß nur ein kleiner Teil der Sekundärliteratur mit der Sichtweise
des Autors in Einklang gebracht werden kann, Charakter und Qualität der Arbeit könnte man
vielleicht mit dem Begriff Kompendium politischer und habsburgisch-dynastischer Politik des
15, Jahrhunderts am Beispiel der Vorlande umschreiben. Die vorderösterreichische Perspektive
ist jedoch zugunsten von Reich und Dynastie in den Hintergrund getreten.
Dieter Speck
Dieter Speck, Die vorderösterreichischen Landstände, Entstehung, Entwicklung und Ausbildung
bis 1595/1602 (Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt Freiburg im Breisgau
29), 2 Bde. Verlag Ploetz, Freiburg, Würzburg 1994. 988 S.
In dieser materialgesättigten, ursprünglich als Tübinger Dissertation entstandenen Untersuchung
geht Speck einem Thema nach, das seit Wilhelm Beemelmans zu Beginn dieses Jahrhunderts
kaum weiter behandelt wurde, sieht man von den auf Innsbrucker Material fußenden
Arbeiten des Otto Stolz einmal ab. Galt die Quellenlage über Entstehung und Entwicklung der
vorderösterreichischen Landstände als ausgesprochen schmal — die Akten liegen ja in den Archiven
dreier Länder verstreut, setzen erst im 16, Jahrhundert richtig ein und sind außerdem
schlecht geordnet —, so soll das Tätigkeitsfeld der Landstände über die übliche Steuerbewilligung
und Truppenaufgebote nicht hinausgekommen sein. An diesen gängigen Auffassungen
gelingt es Speck, erhebliche Revidierungen anzubringen. Die Ursprünge der Landstände vermag
er in das späte 14. Jahrhundert zurückzuverfolgen, als Städtebünde und Rittergesellschaften
die Voraussetzungen für ein verstärktes politisches Engagement innerhalb eines sich in
Konturen entwickelnden regionalterritorialen Rahmens schufen, Am Oberrhein haben sodann
die politischen und kriegerischen Wirrnisse des frühen 15. Jahrhunderts — z, B. das „reichsstädtische
Intermezzo*' der breisgauischen Städte zwischen 1415 und 1427 — die in die Gründung
eines gegen die Markgrafschaft Baden gerichteten Städtebundes mündeten eine institutionelle
Verdichtung herbeigeführt, die in der Etablierung eines ständigen Ausschusses (die
„Siebener") zum Ausdruck kam. Für den Adel hat neben dem Kriegsdienst in österreichischen
Heeren — so die Beteiligung am Kampf gegen die Eidgenossen, der 1386 bei Sempach ein
blutiges Ende fand — ein Wandel der Vasallität sein landständisches Selbstbewußtsein ebenfalls
mitgeprägt; In Rückgriff auf die These von Bernard Diestelkamp macht Speck plausibel,
daß mit der Territorialisierung der Lehensverhältnisse gegen Ende des 15. Jahrhunderts, die
sich in der Eidesleistung vor dem Landvogt an Stelle des Landesfursten persönlich niederschlug
, eine entscheidende Wende eintrat. Damit fielen die mehrfachen, rivalisierenden Le-
»3 *3
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0235