http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1996/0253
Bemühen vieler Freiburger, mit Kleintierzucht und kleinsten Gärten der ärgsten Not abzuhelfen
.
Die Autorin geht auch auf die Auswirkungen des Krieges auf die Jugend ein, Verwahrlosung
durch die Abwesenheit der Väter und die Berufstätigkeit der Mütter machte sich bemerkbar.
Es fiel viel Unterricht aus, da Lehrer eingezogen wurden und Schulraum als Lazarett umfunktioniert
war. Die Stimmung und die Propaganda werden beschrieben und analysiert: ein weiter
Weg von 1914 bis in die ersten Nachkriegsjahre, ein Weg von der Euphorie in die Depression.
In der ersten Zeile des Textes hat sich übrigens ein ärgerlicher Druckfehler eingeschlichen:
Das Attentat von Sarajewo war nicht im Juli, sondern einen Monat früher.
Renate Liessem-Breinlinger
Freiburg 1944—1994. Zerstörung und Wiederaufbau. Begleitbuch zur Ausstellung von Stadtarchiv
und Augustinermuseum anläßlich des 50. Jahrestages der Zerstörung Freiburgs im Luftkrieg
am 27. November 1944. Hrsg. v. d, Stadt Freiburg i. Br., Stadtarchiv. Redaktion Ulrich
Ecker. Waldkircher Verlag, Waidkirch 1994. 219 S., 250 Abb.
Als am 27. November 1994 in Freiburg in der abendlichen Dunkelheit alle Kirchenglocken
läuteten zum Gedenken an die Zerstörung der Stadt durch einen Luftangriff vor 50 Jahren,
ging das unter die Haut, nicht nur bei Zeitzeugen. Dem Wunsch, über jenes einschneidende
Ereignis Genaueres zu erfahren, kam die Stadt mit einer Ausstellung nach, die von Stadtarchiv
und Augustinermuseum ausgerichtet wurde. Parallel dazu erschien ein Begleitbuch, eine in
sich geschlossene Publikation, die das infernalische Geschehen des 27. 11. 1944 in Wort und
Bild dokumentiert, gleichzeitig jedoch den Schwerpunkt auf den Wiederaufbau legt,
Ulrich Ecker, der zweite wissenschaftliche Archivar des Stadtarchivs, übernahm es, den
„traurigen Bericht" über die Zerstörung durch einen Fliegerangriff zu erstatten. Einen wichtigen
Teil der Forschungsarbeit hierzu hatte in den 80er Jahren Gerd R. Ueberschär geleistet,
der in britischen Archiven die Originalunterlagen des nächtlichen Einsatzes der britischen
Luftwaffe in Freiburg vom 27. 11. 1944 eingesehen und aufgearbeitet hatte. Ecker gelang es
jedoch, neue Akzente zu setzen, indem er systematisch erhobene detaillierte Berichte von Betroffenen
in seine Darstellung einbaute. Hervorragendes Bildmaterial, „schaurig-schöne" Ansichten
, die ausführlich kommentiert werden, runden diesen zentralen Teil des Buches ab.
Paul Bert, der stellvertretende Leiter des Stadtplanungsamts, behandelt den Wiederaufbau,
der zwischen 1945 und den frühen 50er Jahren von Joseph Schlippe, dem damaligen Baudirektor
der Stadt, geprägt wurde. Die Bewahrung des Stadtgrundrisses und die Wiederherstellung
des Stadtbildes war ihm als denkmalpflegerisch und historisch Interessiertem ein vordringliches
Anliegen. Sein Konzept sah die Rekonstruktion einiger hervorragender Baudenkmäler
vor als Fixpunkte im Stadtbild; im übrigen wurden die Häuserzeilen in schlichter
zweckorientierter Architektur gefüllt, im Maßstab und Rhythmus dem historischen vorgrün-
derzeitlichen Freiburg verpflichtet. Ganz behutsam wurde Neues hineingenommen: Arkaden
entlang der Hauptachse der Innenstadt, da und dort die Rücknahme der Bauflucht aus verkehr
Stechnischen Erwägungen, Für die Altstadtblöcke wurden nach Möglichkeit Erschließungshöfe
geschaffen.
Paul Bert verweist darauf, daß auch in Freiburg die Auseinandersetzung zwischen konservativ
und modern ausgetragen wurde. Schlippe gehörte der bewahrenden Richtung an. Er war
geprägt von der Stuttgarter Schule um Bonatz und Schmitthenner, wohingegen in der staatlichen
Hochbauverwaltung in den Personen von Horst Linde und Walter Müller Progressive saßen
, geprägt von der Karlsruher Schule mit Otto Ernst Schweizer. Ein Hochhaus für das Regierungspräsidium
, der Neubau des Kollegiengebäudes II am Rand der Altstadt und die
Universitätsinstitute in der Nordstadt, sachlich im Design, solitär auf neugeschaffene Flächen
gesetzt, dokumentieren dieses andere Verständnis von Wiederaufbau, wenn auch diese Beispiele
sich nicht unmittelbar mit der Innenstadtgestaltung vergleichen lassen.
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