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Abb. 2 Maximilian mit seinen
beiden Frauen: Bianca Maria
Sforza in der Mitte, Maria von
Burgund rechts. Relief vom
Goldenen Dachl in Innsbruck.
in Oberösterreich." „Familienstand, verheiratet?"
- „Ja, zweimal. Zuerst mit Maria von Burgund, nach
ihrem Tod mit Bianca Maria Sforza, nach deren Ableben
Witwer geblieben." „Kinder?" - „Einige:
Philipp, genannt der Schöne (1478-1506),
Margarethe (1480-1530) und Franz, der bald nach
der Geburt starb (f 1481), diese alle von Maria von
Burgund. Die zweite Ehe blieb kinderlos. Aus Beziehungen
mit verschiedenen Frauen resultierte
dann noch eine ganze Reihe unehelicher Kinder:
Georg, den königliche Protektion später zum Bischof
von Brixen, Erzbischof von Valencia und Bischof
von Lüttich machte. Ganz ähnlich Leopold,
der Bischof von Cordoba wurde. Außerdem noch
Maximilian von Amberg, eine Margarethe, eine
Martha, eine Anna, eine Dorothea, ein Cornelius
und schließlich noch ein Christoph. Diese Kinder
sind materiell alle so versorgt worden, daß sie ihren
Lebensunterhalt bestreiten konnten." Während
bei diesen Antworten nur der Gehalt strittig wäre,
würde die Beantwortung der Fragen nach Beruf
oder gar Staatsangehörigkeit völlig in die Irre führen
. Nicht mehr allein die Antworten, sondern die
Fragen selbst müßten als unangemessen gelten.
Denn als was soll man Maximilian bezeichnen: als
Deutschen, als Burgunder, weil er mit seinen in Burgund
aufgewachsenen Kindern französisch
sprach,4 als Österreicher, als Ungarn, wie er selbst
es zuweilen tat, weil sein Geburtsort ungarisch gewesen
sei,5 als Italiener, weil er Deutsche als „questi
bestiali" verachten konnte? Das Fragespiel demonstriert
, wie wenig unsere Kategorien der amtlichen
biographischen Erfassung der Lebensform Maximilians
entsprechen. Weitere Fragen wären ebenso
problematisch. Maximilian ging keiner geregelten
Arbeit nach. Wovon er sich und seine Familie ernährte
, war an keine berufliche Tätigkeit gebunden.
Er war als Adeliger ein geborener Herr über andere
, die ihn durch ihre Arbeit und ihre Abgaben ernährten
und ihm die Möglichkeit zu einem herrschaftlichen
Lebensstil gaben. Demnach sind unsere
heutigen Kategorien der Biographie anachronistisch
.
Ein biographischer Bericht über Maximilian
muß vor allem den Unterschied zwischen heutiger
und damaliger Lebensstruktur berücksichtigen. Die
Notwendigkeit hierfür läßt sich anhand der Schilderung
von Maximilians Erziehung beweisen, die
auf die Unterschiede zu unseren Ausbildungszielen
und -methoden hinweist. Seine Erziehung gewährt
Einsicht in das Gefüge herrschaftlichen Lebens
, weil sie zeigt, wie ein Herrscher für seine
Würde vorbereitet wurde. Weitere Bedingungen seiner
Herrschaft sollen danach dargelegt werden.
Die Erziehung als Spiegel
einer adeligen verfassung
In Maximilians dichterischer Lebensschilderung,
dem „Weißkunig",6wird berichtet, wie sich der
künftige Herrscher in militärischen Fertigkeiten wie
im Fechten und in geistigen Tätigkeiten, nämlich
im Malen, im Lesen und Schreiben verschiedener
Sprachen ausbildete. Solche Kenntnisse zielten nicht
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