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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 34
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0036
Dieter Mertens - Der Freiburger Reichstag

net sich aufgrund ihres eingeschränkten Blickwinkels
dagegen wenig, um die für die deutsche Geschichte
entscheidende Entwicklung in den Blick
nehmen zu können: die institutionelle Ausformung
des Dualismus von habsburgischem Königtum und
ständischem Reich.3

Am Anfang der habsburgisch-französischen
Konkurrenz standen mehrere Heiraten, die alle mit
Maximilian und Frankreich zu tun haben - 1477,
1490,1494 und 1496 - und 1494/95 ein spektakulärer
Kriegszug des französischen Königs Karls VIII.
durch ganz Italien bis nach Neapel, der gar als Beginn
eines Kreuzzugs zur Uberwindung der Türken
und zur Befreiung Jerusalems propagiert und
gerechtfertigt wurde. Adel ist nie nur vornehm,
Adel ist immer vornehmer als anderer Adel, er vergleicht
sich und konkurriert stets. Könige tun dies
erst recht. Jeder der beiden Könige, Maximilian und
Karl VIII., wollte der größere, ruhmreichere und
mächtigere König der Christenheit sein und den anderen
übertreffen. Dafür wendeten sie enorme Energien
auf und taten vielerlei Schachzüge, die sich
nur aus solcher Konkurrenz erklären. Der päpstliche
Legat Raimund Peraudi (1435-1505), der ebenso
unermüdlich wie vergeblich auf eine Vereinigung
der christlichen Könige zu einem großen Türkenzug
hinarbeitete, nannte das entscheidende Stichwort
, als er 1493 über den Widerstand, auf den er
am Hof Karls VIII. stieß, an Maximilians Kanzler
Konrad Stünzel schrieb: Etliche Große widerrieten
dem französischen König, Maximilians Kampf gegen
die Türken zu begünstigen, denn auf diese Weise
würde Maximilian zum „größeren Fürsten der
Christenheit" (maior princeps christianitatis) werden
und würde anschließend seine Waffen gegen
den König von Frankreich wenden.4

Ausgangspunkt der Konkurrenz der Habsburger
und der französischen Könige ist das Jahr 1477.
Maximilian, 18jährig, heiratete Maria von Burgund,
die Tochter Karls des Kühnen und Erbin des berühmten
burgundischen Zwischenreichs. Marias
Vorfahren, „die großen Herzöge von Burgund",
eine Nebenlinie des französischen Königshauses der
Valois, hatten dieses Zwischenreich in nur vier Generationen
zusammengebracht.5 Es war eine wertvolle
Ansammlung wohlhabender und mächtiger
Herzogtümer und Grafschaften rittlings auf der
Grenze Frankreichs und des Deutschen Reichs: von
den beiden Burgund - der Freigrafschaft und dem
Herzogtum - im Süden bis Flandern, Brabant und
Holland im Norden, Lehen teils von Frankreich,
teils vom Reich. Ihr Ubergang an Habsburg vergrößerte
die Macht der Dynastie sehr und hob auch
die Bedeutung der Vorlande, die, aus ihrer Randlage
befreit, eine Brückenfunktion erhielten. Der
französische König Ludwig XL, der große Reor-
ganisator Frankreichs, hatte auf keine Nachricht so
sehnsüchtig gewartet und freudig reagiert wie auf
die Kunde vom Schlachtentod Karls des Kühnen
am 5. Januar 1477, seines bis dahin mächtigsten Rivalen
. Doch niemand war ihm als Ehemann der
Burgunder-Erbin unwillkommener als ausgerechnet
der Erzherzog von Osterreich, der Sohn des
Kaisers und künftige deutsche König. Denn die
rasch vorgenommene Angliederung beider Burgund
, der Picardie und des Artois an die französische
Krone - die Vollendung und Weiterführung
seines Reorganisationswerks - wurde damit sofort
wieder in Frage gestellt. Maximilian erheiratete 1477
also nicht nur reiche Länder, sondern, konstellationsbedingt
, auch die Feindschaft der französischen
Krone. Kriege waren die Folge: Kriege zur
Realisierung der burgundischen Erbansprüche im
burgundischen Süden und im niederländischen
Norden. Jene bekannte Devise „Bella gerant alii,
tu, felix Austria, nube!" („Kriege mögen andere
führen, du, glückliches Osterreich, heirate!"), ein
Vers, der gern auf Maximilians burgundische Heirat
bezogen wird, ist eine Erfindung späterer Zeit,
vielleicht des 17. Jahrhunderts, in dem sie dann auch
einen anderen Klang hat.6 Die Devise scheint höchstens
im Rückblick zutreffend, nachdem die Heiraten
des Sohnes und der Enkel Maximilians nachträglich
, erst dank verschiedener Todes- und Erbfälle
, Habsburg in den Besitz Kastiliens (1504),
Aragons (1516), Böhmens und Ungarns (1526) und
Portugals (1580) brachten. Maximilian selber sah
sich im Gegenteil als Sieger vieler Kriege, gerade

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