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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 48
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0050
Dieter Mertens - Der Freiburger Reichstag

lung in der Gerichtslaube den Versuch gemacht,
„des Reiches Tag anzufangen", doch der Streit zwischen
den Herzögen Albrecht von Sachsen und
Georg von Bayern über die Sitzordnung verhinderte
die Durchführung.42 Bemerkenswert ist bei diesem
Versuch nicht die Tatsache, daß der König die
Versammlung gar nicht direkt ansprach, sondern
seine Meinung durch den Reichskanzler Berthold
kund tun ließ - solch indirekte Kommunikation war
üblich zum Beispiel auch beim offiziellen Empfang
eines Gesandten. Bemerkenswert ist vielmehr die
Ausdrucksweise des Königs, daß er nunmehr „des
Reiches Tag anfangen" wolle, wie wenn Berthold
nicht schon acht Monate lang mit den Botschaften
der Stände in Freiburg getagt hätte. Hier und durchgehend
bei vielen anderen Gelegenheiten stoßen die
unterschiedlichen Auffassungen von der Rolle der
Versammelten aufeinander. Der König sah sie am
liebsten als Glieder des Reiches und Vasallen der
Krone, die ihm an seinem Hof auf seine Aufforderung
hin zu raten und zu helfen haben, sowie, bei
den Städten, als seine gehorsamspflichtigen Untertanen
; König und Reich betrachtete er als eine einzige
, vom König her gedachte Größe. Für Berthold
handelte es sich um eine Versammlung von Ständen
, die zwar zur Übernahme von Lasten, insbesondere
finanzieller Art, verpflichtet war, aber auch
das Recht hatte, außer über die Höhe und die Modalitäten
auch über den Zweck und die Berechtigung
zu beraten und die Verwendung zu kontrollieren
sowie gemeinnützige Verbesserungen in anderen
Bereichen zu fordern; König und Reich waren
als zwei einander gegenübertretende Größen
gedacht, was aber konkret hieß, daß Habsburg mit
all seinen Titeln und Interessen einer Einung der
übrigen Reichsstände, einem Reich ohne Habsburg
gegenübertrat.

Das Scheitern der Eröffnung am 25. Juni gab
Maximilian die gewiß nicht unwillkommene Gelegenheit
, tags darauf im Hofstil zu prozedieren. Er
forderte die zwei anwesenden Kurfürsten, die vier
Kurfürstenbotschaften und einige ihm näherstehende
Fürsten - nicht alle Fürsten, die in Freiburg waren
- zu Hof in den Kaiserbau des Dominikanerklosters
und hielt ihnen, das heißt vor allem Berthold
, „hitziglich" eine Standpauke über die zentralen
Konfliktpunkte: das Wesen von Rat und Hilfe
und das Verhältnis von König und Reich. Am 3.
Juli hielt er noch einmal eine solche „Verfassungsrede
", nur daß er jetzt eine größere Zahl von Ständen
zu Hof gefordert hatte und im Ton konzilianter
sprach.43 Er verbat es sich, daß sie die Berechtigung
eines Krieges gegen Frankreich „in ratslag ...
setzen" und widerraten wollten, eines Krieges, zu
dem er als König und Reichsfürst „gut fug und erbar
redlich Ursache" habe und darum fest entschlossen
sei, und er verlangte Rat und Hilfe auf dieser Basis.
Denn er sah sich in voller Übereinstimmung mit
der in Worms 1495 gemeinsam beschlossenen
Exekutionsordnung, der sogenannten „Handhabung
Friedens und Rechts", die das militärische
Vorgehen gegen Friedbrecher und Angreifer an
Wissen, Willen und Rat einer jährlichen Versammlung
von König und Reich band, diese aber - und
das ist Maximilians wichtigstes Argument - auf den
Nutzen der Christenheit, des Reiches und des Friedens
verpflichtete. Er warf Berthold und den Ständen
vor, sich dieser Pflicht jetzt entziehen zu wollen
durch eine dem Wortlaut widersprechende Auslegung
(„gloß"). Dabei sei der „artikel am text klar
gnug, das er keyner gloß bedörfte, die man im doch
machete".

Darum dürfe ihm zustimmender Rat und entsprechende
Hilfe nicht verweigert werden. Geschehe
dies trotzdem und würde er als König „vom reich
verlassen" werden, dann, so drohte er, würde auch
er sich nur noch als Reichsstand verhalten: sich vom
Krönungseid dispensieren, „sein königliche krön
vom heubte vor die füsse setzen und die zertreten"
und allein noch seinen österreichischen Eiden folgen
, denn er „hab zum haus zu Osterreich auch
gelobt und gesworn". Maximilian brachte drastisch
zum Ausdruck, daß sich seine Doppelrolle als König
und als Reichsfürst nicht vertrug mit dem sich
institutionell ausbildenden Gegenüber von habs-
burgischer Großdynastie und zusammenrückendem
Reich. Dennoch beharrte er darauf, sub
utraque specie zugleich in und über der Versammlung
zu stehen. Er sei „alda in zweyer gestalt als
Römischer könig und ir aller heubt, auch als

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