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Ulrich Ecker - Organisation und Ablauf des Reichstags
Machenschaften gewesen zu sein scheint, war der
Brotmangel, der vom März 1498 an spürbar wurde
, durch die zu niedrige Backleistung der Becken
begründet. Am 9. März warnte Graf Adolf von
Nassau den Freiburger Rat, daß „es gevarlich
zugieng mit kleini des brots unnd ouch mangel desselben
". In Anbetracht des großen Zustroms an
Fremden, der mit der Ankunft des Königs einsetzen
werde, müsse unbedingt Abhilfe geschaffen
werden.86 Bis dahin hatte sich der Rat damit begnügt
, die Brotbecken mit allgemeinen Worten zu
„veilem koff" und Vermeidung von Mangel anzuhalten
. Mit gutem Zureden glaubte er es im September
1497 noch bewenden lassen zu können, als
erstmals Klagen über das Backen zu kleinen Brots
laut wurden.87 Nach den Vorhaltungen des Grafen
von Nassau konnte sich der Rat aber einer konkreteren
Befassung mit dem Bäckerproblem nicht länger
entziehen. Bei einer Ratssitzung am 14. März
wurden gezielte Maßnahmen zur Lösung des Problems
beschlossen.88 Vor allem wurde der Ankauf
eines Vorrats von Weizen für 1 bis 2000 Gulden
angeordnet. Damit sollte sichergestellt werden, daß
die Bäcker ihren Bedarf zu einem akzeptablen, von
der Stadt regulierten Preis decken konnten. Niemand
sollte, wie es offenbar vorgekommen war,
behaupten können, er sei aus finanziellen Gründen
nicht in der Lage gewesen, genügend Weizen zu
kaufen, um mehr zu backen. Unter Hinweis darauf
, daß die bisherige Backmenge von höchstens 278
Mutt pro Woche nicht ausreiche, um die Nachfrage
zu decken, wurde den Brotbecken von den Amtherren
im Kaufhaus nunmehr vorgeschrieben, insgesamt
mindestens 302 Mutt zu verbacken. Für jeden
der 11 Brotbecken legte die Verwaltung fest,
wie hoch seine Quote bei der Erfüllung dieser Auflage
war. Zugleich wurde es den Bäckern verboten,
ohne Wissen und Zustimmung des Rats irgendwelche
Absprachen zur Regulierung des Angebots zu
treffen. Außerdem entschied der Rat, die Einrichtung
von bis zu vier weiteren Backstuben zulassen
zu wollen, wenn sich das als erforderlich erweisen
sollte.
Während der Beschluß, einen Weizenvorrat anzukaufen
, nach zwei Tage schon umgesetzt war -
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Hanns Scheffel und Laurentz Probst zeigten dem
Rat den erfolgreichen Kauf von Weizen in Straßburg
an89 -, kam es bei den übrigen Punkten des
neuen Reglements zu langwierigen und teilweise
heftigen Auseinandersetzungen. Auf keinen Fall
wollten sich die Brotbecken auf Backquoten festlegen
lassen. Sie sahen die Gefahr, bei Erhöhung
der Backleistungen auf vorgeschriebene Mengen
womöglich auf unverkaufter Ware sitzenzubleiben
und schwere Einbußen hinnehmen zu müssen.
Auch das Verbot der gewerbsinternen Absprachen
traf auf harten Widerstand, wurde es doch als „zu
unglimpf yr eeren" gehend gesehen. Die anfängliche
Verhandlungsbereitschaft des Rates mit den
Bäckern nahm jedoch angesichts einer weiteren Verschärfung
der Mangelsituation und harscher Vorhaltungen
, die der Landvogt im Auftrage der
Reichsversammlung deswegen der Stadt machte,
rasch ab. Als der Rat zur Behebung des Brotmangels
schließlich unter Strafandrohung vorschrieb, daß
die Becken nicht nur - wie eigentlich in der Bäckerordnung
festgelegt - an drei Tagen in der Woche,
Abb. ij Die unzureichende
Versorgung der Reichstagsgäste
mit Backwaren führte zu einer
heftigen Auseinandersetzung
zwischen Rat und Brotbäckern.
Holzschnitt „ Der Beck " in:
Jost Amman: Eigentliche
Beschreibung aller Stände
auf Erden, 1568.
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