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Ulrich Ecker - Organisation und Ablauf des Reichstags
Stadt in Gewahrsam genommen worden. Im August
1498 verlangte der Herzog die Verlegung des
Übeltäters in das Deutschhaus, weil er befürchtete,
daß der König „verstund sich, im (dem angeklagten
Pfaffen) davon ze helffen". Obwohl der Rat
erhebliche Zweifel daran hatte, daß ausgerechnet
die Niederlassung des Deutschen Ordens in der
Neuburg-Vorstadt ein sicherer Haftort sein sollte
- hatten doch in der Vergangenheit die Deutschherren
zum Verdruß der Stadt immer wieder für
ihre Kommende den Status einer Freistatt beansprucht
und dadurch die Bestrafung von Verbrechen
„hingezogen" -, entsprach er dem Verlangen
des Herzogs, um sich ihm gefällig zu erweisen, aber
auch weil er „an straff des Übels" interessiert war.
Sicherheitshalber wurde angeordnet, das Deutschhaus
von sechs Knechten bewachen zu lassen, die
eine Flucht des Täters verhindern sollten.134 Weshalb
Maximilian dem Delinquenten zur Freiheit
hätte verhelfen sollen, ist aus der Formulierung im
Ratsprotokoll nicht erkennbar. Sie deutet aber eher
auf eine wie auch immer motivierte Begünstigung
des Täters durch den König hin, die vom Gang der
regulären Justiz abwich, als auf die Annahme, Maximilian
hätte aufgrund der Jurisdiktion über Fremde
Anspruch auf die Strafverfolgung des Kaplans
erheben und den Fall an sich ziehen können.
Während der Rat sich in den dargelegten Fällen
von schweren Verbrechen für eine konsequente
Strafverfolgung einsetzte, war er bei geringeren
Straftaten durchaus zum Nachgeben bereit. So verzichtete
er auf eine Bestrafung, als der Bischof von
Eichstätt im Falle eines Frevlers um Straferlaß bat,
oder als die Königin begehrte, eine Kindsaussetzerin
lediglich aus der Stadt zu verweisen und auf eine
weitergehende Ahndung der Tat zu verzichten.135
Auch auf anderen Gebieten hatte der Rat der
Stadt alle Hände voll zu tun, um Wünsche und Ansprüche
der hohen Gäste, die in seine Kompetenzen
, Rechte und finanziellen Interessen eingriffen,
abzuwehren. Immer wieder versuchten Fürsten,
Gunsterweise auf Kosten der Stadt zu gewähren.
Das reichte vom Begehren des Mainzer Erzbischofs,
die Stadt solle den Vierherrn Peter freigeben, damit
er eine Pfründe in Straßburg annehmen und seine
Freiburger Pfründe durch einen Vertreter versehen
lassen könne, bis zum Verlangen des Königs, der
Rat solle die Dominikaner im dauerhaft sicheren
Besitz von Brunnen und Bach durch das Klosterareal
bestätigen.136 Dem Wunsch der Königin nach
Übertragung einer vakanten Pfründe an ihren Kaplan
, begegnete der Rat mit dem Hinweis, daß doch
bereits die „Ersten Bitten" des Königspaars erhört
worden seien, also seine verbindlichen Vergabevorschläge
für die erste nach der Krönung freiwerdende
Pfründe bei jeder kirchlichen Institution. Außerdem
, so gab der Rat zu bedenken, handele es
sich im vorliegenden Fall nur um eine kleine Pfründe
und der Kandidat werde doch wohl kaum die
Stiftungsbedingung einer dauernden persönlichen
Residenzpflicht erfüllen können.137
Wiederholt mußte sich der Rat mit Wünschen
der Fürsten und Herren nach Zollbefreiung bei der
Einfuhr von Gütern für den Bedarf ihrer Hofhaltungen
in die Stadt auseinandersetzen. Im November
1497 verweigerten die „von Mentz" die
Zahlung von Zoll und Stichgeld, also die beim Weinkauf
fällige Abgabe an die Stadt.138 Im Mai 1498
verlangte der Weinschenk der Königin vom städtischen
Mehlwäger, sein Mehl unverzollt zu lassen.139
Graf Adolf von Nassau forderte im Juni 1498, daß
Fische für den Tisch des Königs zollfrei geliefert
würden.140 Schon die stete Wiederholung solcher
Begehren macht deutlich, daß hier offenbar eine
grundsätzliche Regelung fehlte. Eine einheitliche
Linie in der Politik der Stadt gegenüber solchen
Ansinnen ist in der Tat nicht erkennbar, doch
scheint der Rat, der beim Warenimport durch fremde
Krämer keinesfalls auf die Erhebung von Zoll
verzichten wollte,141 geneigt gewesen zu sein, bei
der Einfuhr von Gütern durch Hofgesinde großzügig
zu verfahren. Er verzichtete „den fürsten ze
eren" auf die Zollerhebung, obwohl - wie ausdrücklich
vermerkt wurde - es doch bekannt sei, daß einer
Stadt durch einen Reichstag erhebliche Kosten
erwüchsen und sie es sich eigentlich nicht leisten
könne, auf Zolleinnahmen zu verzichten.142
Ablehnend blieb die Stadt hingegen, als der
Weinschenk des Königs die Bereitstellung von zwei
Fuhrwerken zur Beschaffung von Wein im Elsaß
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