http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0117
KARL KROESCHELL
JULIA MAURER
GESETZGEBUNG
UND RECHTSPRECHUNG
AUF DEM FREIBURGER REICHSTAG
Von den Beratungsgegenständen des Freiburger
Reichstags1 waren viele durch aktuelle innen- und
außenpolitische Probleme diktiert. So nimmt es
nicht wunder, wenn auch die dazu getroffenen Entscheidungen
vielfach nur von vorübergehendem
Interesse waren. Die in den zusammenfassenden
Reichsabschied (Abb. 1) aufgenommenen Beschlüsse2
sollten allerdings zumeist über den Augenblick
hinaus wirken, so daß es naheliegt, sie als Akte der
Gesetzgebung zu verstehen.
Freilich gilt es dabei modernen Mißverständnissen
vorzubeugen. Gerade die „Reichsgesetze" des
späten Mittelalters und der frühen Neuzeit3 waren
vielfach nicht nur ineffektiver als das heutige
Gesetzesrecht. Sie unterschieden sich vom modernen
Gesetz nämlich auch durch ihre Geltungsweise.
Den Anspruch auf Befolgung trugen sie nicht
gleichsam in sich selbst; er ergab sich vielmehr erst
aus dem gegenseitigen Versprechen von König und
Reichsständen, alles Beschlossene „aufrichtig und
getreulich zu halten und zu vollziehen".4 Bis hin
zu dem letzten, dem „Jüngsten Reichsabschied" von
1654, blieb die Vertragsform ein wesentliches Merkmal
dieser „Gesetze".
Bemerkenswert ist, daß ein guter Teil der Freiburger
Beratungen und Beschlüsse nicht der Gesetzgebung
, sondern vielmehr der Rechtsprechung
zuzuordnen ist. Hiervon soll im zweiten Teil dieses
Beitrags noch besonders die Rede sein.
Gesetzgebungstätigkeit
Fortsetzung der Reichsreform
Unter den „Gesetzesbeschlüssen" des Freiburger
Reichstags stehen schon ihrem Umfang nach diejenigen
voran, die es mit der Ergänzung und Fortführung
des Reformwerks zu tun hatten, das der
Wormser Reichstag von 1495 zustande gebracht
hatte. Ein kurzer Rückblick wird deshalb nützlich
sein.
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