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Thomas Zotz - Der Reichstag als Fest
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S Einzug König Sigmunds
in Bern 1415. Kolorierte
Federzeichnung. Diebold
Schilling: Spiezer Bilderchronik
1485, fol. 268.
ten bei festlichen Gelagen jener Zeit als Tischzierde;
so wurde bei der Hochzeit Graf Reinhards IV. von
Hanau-Münzenberg im Jahre 1496, zu deren prominenten
Gästen Kurfürst Berthold von Mainz
zählte, ein vergoldetes Reh aufgetragen, zuerst auf
dem Brauttisch, später auf dem Herrentisch zu betrachten
, ebenso wie ein weißer Schwan mit einem
goldenen Schnabel.73
War Kurfürst Berthold bereits zu einem frühen
Zeitpunkt des Reichstags und vor dem König in
Freiburg eingetroffen, womit er, wie Zasius kommentiert
, der Stadt und dem gemeinen Nutzen
Gutes erwiesen hat, verzögerte sich die Ankunft
Maximilians beträchtlich. Dabei läßt sich seine stok-
kende Annäherung an den Reichstag oder anders
gesagt: an die hier bereits seit Ende September 1497
versammelten Reichsstände geradezu unter dem
Aspekt von Spiel und Kurzweil beschreiben, nur
daß es sich nicht um Festlichkeiten des Reichstags,
sondern des königlichen Hofes handelte. Der Aufbruch
Maximilians vom Innsbrucker Hof zog sich
nämlich in die Länge, da er plante, zu Fastnacht,
die auf Ende Februar fiel, ein Rennen und Stechen
in Innsbruck zu veranstalten. Dies ist dem an Herzog
Albrecht IV. von Bayern-München gerichteten
Schreiben des in Freiburg weilenden Georg
Eisenreich von Ende Januar zu entnehmen, der
noch erläuternd hinzufügt, der Herzog wisse
wohl (!), wie lange die Fastnacht für den König und
die anderen Fürsten in Innsbruck dauere. Hierher
entböten jedenfalls die am Königshof anwesenden
Herzöge Friedrich und Johann von Sachsen etliche
ihrer Edelleute und ihres Hofgesindes, die in Freiburg
lagen.74 Nicht nur daß der Herrscher und seine
fürstliche Umgebung sich nicht in Richtung Freiburg
erhoben, es wurden auch noch Leute von dort
zum Hof abgezogen, um hier am Ritterspiel teilzunehmen
.
Der Mailänder Gesandte Erasmus Brascha berichtete
aus Innsbruck an seinen Herrn Herzog
Ludovico Sforza il Moro am 1. März: Der König
wolle am 6. März gegen Signor Gaspar de Sanseve-
rino, den Marschall Ludovicos, im Turnier antreten
. Nach Beendigung der Turniere sei dann der
Aufbruch nach Freiburg geplant. Es sei aber anzunehmen
, daß man nicht sehr lange in der Stadt bleiben
werde. Wenn der König keine Lust mehr haben
sollte, am Reichstag teilzunehmen, werde er sich
wohl aufs Land zurückziehen, um sich der Jagd und
Falkenbeize hinzugeben.75 Allerdings glaubt
Brascha, daß sich Maximilian nicht weit vom Rhein
entfernen werde, um dem Reichstag doch seine
Gunst zu zeigen und um die Franzosen in Furcht
zu halten. Dosierte königliche An- und Abwesenheit
: So machte ein Herrscher im Mittelalter Politik
!76 Dem Tagebuch des Reinhard Noltz ist übrigens
zu entnehmen, daß Maximilian, als er 1499
wieder in Freiburg weilte, zur Falkenjagd geritten
sei.77 Solches plante der König also auch im Vorjahr
, falls ihm der Reichstag lästig werden sollte.
Weiteres vom Innsbrucker Hof berichtete am
2. März Matthes Schmidl an Herzog Albrecht IV.
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