http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0190
Abb. 2 Umbau des Kornhauses zu
einem Schauspielhaus, iy8y
Stadtbaumeister Johann Baptist
Hering, Federzeichnung koloriert.
Am 6. März 1497 beschloß der Rat, anstelle des
bis dahin für Festlichkeiten genutzten Hauses der
Krämerzunft zum Falkenberg einen größeren, nach
allen Seiten freistehenden Neubau erstellen zu lassen
, der „nützlich, erlich und stattlich" ausfallen
sollte. Verzögerungen beim Erwerb des Grundstücks
, der Finanzierung und der Bauarbeiten ließen
erst gegen Ende des Jahres 1498 den Beginn
„des buws" zu. Erst nach 1500 konnte er dann mit
gesellschaftlichen Aktivitäten und dem Getriebe der
Händler belebt werden.3 Für den einzigen in Freiburg
abgehaltenen Reichstag von 1498 stand mithin
dieses Haus noch nicht zur Verfügung. Das
rechteckige Gebäude (34,4 x 15,6 Meter) mit hochragendem
Satteldach und Treppengiebeln an den
Querseiten wurde also gebaut für spätere Nutzungen
. Die Querfronten waren von drei Fenstern geöffnet
und fünf Fenster gliederten die Längsfronten.
Der Tanzsaal dürfte bis zu dessen Umbau 1785 zu
einem Theater {Abb. 2) etwa 29,4 x 13,8 Meter ( =
405 qm), mit einer lichten Höhe von 7 Metern, gemessen
haben.4 Über Einbauten von Kaminen, Sitzbänken
für die beim Tanzen Zuschauenden oder
eines Balkons für die Tanzmusiker (im 15. Jahrhundert
auch als Pfeiferstuhl, Trommeterstuhl oder
„Canzelle" bezeichnet) ist nichts bekannt. Das
Raumvolumen entsprach den damals herausgebildeten
Standards in Städten mittlerer Größe.
In vielen mitteleuropäischen Städten und Residenzen
wurden mit öffentlichen Mitteln seit dem
Hochmittelalter solide Saalbauten aus Steinen oder
Ziegeln als Tanz-, Spiel- oder Hochzeitshäuser gebaut
, die zum Teil bis heute erhalten geblieben
sind. Einige Judengemeinden haben damit im späten
13. Jahrhundert begonnen. In deren Leben
nahm damals das Tanzen auch aufgrund der alttestamentarischen
Uberlieferung (zum Beispiel Ex.
15,20 und 32, 6 oder 1. Sam. 18) eine höhere Wertschätzung
ein als bei den Christen. Die Freude am
Tanzen in der Gruppe gehörte essentiell zu den
Festlichkeiten am Simchat Tora-Fest, am Sabbat
nach Purim und war bei Vermählungen unerläßlich
. Da die privaten Wohnstätten im allgemeinen
zu beengt waren, baute man vielerorts neben der
Synagoge und dem Schulhaus „der Juden
Tantzhus", von den Magistraten auch als „domus
universitatis iudeorum" (Köln 1341), als „Spielhaus
" (Köln 1288, Frankfurt a. M. 1357) oder als
„Brauthaus" (Worms nach 1524) bezeichnet.5 Diese
Tanzhäuser, die vornehmlich für die nach Geschlechtern
getrennt getanzten Reigen benutzt
wurden, waren vorrangig zum rituell eingebundenen
Feiern von Hochzeiten bestimmte Gebäude.
Sie lagen auch deshalb stets neben der Synagoge,
damit die Hochzeitsriten zwischen diesen beiden
Gebäuden unter freiem Himmel vollzogen werden
konnten. Die meisten Tanzhäuser wurden in den
Unglücksjahren 1348 und 1349 zerstört oder
zweckentfremdet in nichtjüdischen Besitz überführt
.
Das Tanzen christlicher Stadtbewohner, der
Bürger und der am Urbanen Leben teilnehmenden
Adeligen, fand standesgemäß ebenfalls sowohl im
Freien (zum Beispiel auf dem Tanzplan in Frankfurt
a. M.), als auch in den seit dem 12. Jahrhundert
errichteten Rathäusern statt. Im Mittelalter begegnen
uns diese repräsentativen Bauten daher in den
Quellen häufig als „Raht- oder Tantzhaus" oder -
wie etwa in Wernigerode- auch als „Spelhus". Ein
„domus consulum", ein Rathaus, hatte mithin nicht
188
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0190