http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0197
Walter Salmen - Das Freiburger „Tantzhus"
Sachsen in Innsbruck stattfand. Zu den Feierlichkeiten
reiste am 5. Dezember 1493 die Braut nach
Tirol, um dort den künftigen Gatten zu treffen.
Dieser zögerte bekanntlich die Zusammenkunft bis
zum 9. März heraus. Die Wartezeit nutzte Bianca
Maria Sforza und die höfische Gesellschaft in Innsbruck
, um ausgiebig zu „danczen mitt ain ander".
Ein besonderes Vergnügen bereitete man sich damit
, daß man erstmals im Rollentausch verkleidet
mit dem zahlreichen Gefolge mal „alla todesca", mal
„alla lomborda" als „gutt gespillen" zu tanzen sich
anschickte. Es wird zudem berichtet,15 daß es Bianca
Maria unternommen habe, den Hofdamen in Innsbruck
das „welsch tanczen" beizubringen. Hier
fand somit ein interhöfischer Austausch statt, der
fortan bis ins 17. Jahrhundert hinein die welschen
Choreographien den schriftlos gebliebenen „deutschen
" überlegen sein ließen. Auch bei den Reichstagen
konkurrierten vor allem diese beiden Tanzarten
neben der französischen, spanischen oder
polnischen.
Einen bildlichen Eindruck von dieser am königlich
-kaiserlichen Hofe, bei Fürsten und Patriziern
offenbar rasch adaptierten Tanzkunst vermittelt
ein Kupferstich, den Matthäus Zasinger im Jahre
1500 anfertigte (Abb. 10). Er gewährt uns offenbar
einen Einblick in den Tanzsaal im Obergeschoß der
Neuen Veste zu München, dessen Maße etwa 12 x
9 Meter waren.16 Herzog Albrecht IV. von Bayern
sitzt mit seiner Gemahlin Kunigunde von Osterreich
im Erker am Spieltisch. Durch das Fenster
sieht man in einen Hof, in dem Berittene ein Turnier
üben. Vor dem Herrscherpaar nehmen vornehm
gekleidete Paare Aufstellung zum Tanz.
Rechts im Bild erweist ein Höfling einer Dame die
nach den Regeln vorgeschriebene Reverenz. Die
Hofgesellschaft tritt an zum Tanz im Mantel, mit
umgürtetem Schwert, in Roben mit langen Schleppen
. Die Damen haben mit der rechten Hand ihre
schwer fallenden Kleider zu reffen. Auf zwei
Musikertribünen stehen zwei kontrastierende Ensembles
, links ein Pfeifer und ein Trommler, rechts
Trompeter, ein Pauker sowie ein Narr. Unten links
vertreibt die Dienerschaft ungebetene Zuschauer
mit dem Stock. Im linken Hintergrund ist ein Diener
sichtbar, der einen verdeckten Pokal hereinträgt.
Ähnlich wie dieser Hoftanz dürfte auch in Freiburg
während des Reichstages von 1498 von den
versammelten Fürsten, darunter Herzog Georg von
Bayern mit Gefolge, zum Tanze gemessen geschritten
worden sein.
Zusammenfassung
Die Stadt Freiburg begann 1497 einen für die Erfordernisse
von Fürsten- wie auch Bürgertänzen genügend
Raum bietenden Tanzsaal von etwa 405 qm
Grundfläche zu bauen. Dieses Raummaß entsprach
dem in anderen deutschen Städten auch für Reichstage
oder Fürstenhochzeiten gebotenen Standard.
Dennoch gelang es nicht, diesen Raum nach 1500
für herausragende Veranstaltungen erfolgreich anzubieten
.
Auch an Musikern fehlte es vor 1500 in Freiburg
nicht. Wiederholt werden in stadtgeschichtlich
relevanten Quellen „trommen und pfiffen" erwähnt
, die oftmals auch auswärts aufspielten (zum
Beispiel 1495 in Ebringen, wo Freiburger an der
„kilchwyh" im dörflichen „tantzhus" teilnahmen).17
1431 traten zwei Spielleute dieser Stadt gemeinsam
mit einem Trompeter aus Basel in Freiburg im
Uechtland auf. Zu diesen Ortsansässigen gesellten
sich konkurrierend die fahrenden Spielleute, welche
am Oberrhein dank der Pfeiferbruderschaften
von Riegel sowie im Elsaß vorzüglich organisiert
und von der Obrigkeit geschützt waren.18 Zudem
hatte der König zum Reichstag seine Trompeter und
Pauker mitgebracht, die für einen Fürstentanz unerläßlich
waren. Auch die Königin Bianca Maria
war am 29. Mai 1498, gefolgt von 140 Berittenen,
unter ihnen stets auch einige der ihr persönlich zu
Diensten stehenden Musiker, in die Stadt eingezogen
.19 Wie sich diese große Zahl zum Aufspielen
bereiter Musiker unter Verzicht auf das noch nicht
fertig gestellte Tanz- und Kornhaus einzurichten
vermochten, welche Choreographien es galt musikalisch
zu begleiten, all dies ist unbekannt, da Berichte
darüber nicht zur Verfügung stehen.
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