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rangierten die Krämer, Metzger und Schneider an
der Spitze, die Zimmer- und Rebleute am Ende.
Verschiebungen verzeichnet lediglich die Mittelgruppe
. Auffallend ist der beginnende Aufstieg der
Gerber, in Maßen auch der der Tucher. Ab 1540
fallen die Metzger ab - vielleicht eine Folge rückläufigen
Fleischverzehrs im 16. Jahrhundert.30-Das
gesellschaftliche Prestige der einzelnen Zünfte beziehungsweise
der in ihnen zusammengefaßten Gewerbe
ist auch ablesbar an den Eintrittsgeldern für
die Zunft (von 6 Pfund bei den Metzgern und Goldschmieden
bis zu 1 Pfund bei den Rebleuten, 1497
auf 2 Pfund erhöht), an den Wohnquartieren und
an den städtischen Amtern, die die Mitglieder vorzugsweise
innehatten.31
Auf charakteristische Vermögensunterschiede
innerhalb der einzelnen Zünfte verweist das jeweilige
Verhältnis von Durchschnitts- und Höchstvermögen
. Ende des 15. Jahrhunderts (1481) war
die Bandbreite besonders groß in der Metzger- und
Krämer-, sodann in der Schuhmacher- und Schneiderzunft
, während sie in der „armen" Zimmerleutezunft
am geringsten war. Eine auffallende Spanne
zwischen Durchschnitts- und Höchstvermögen,
wenn auch auf einem insgesamt niedrigen Niveau,
zeigt dagegen die ebenfalls „arme" Rebleutezunft,
wohl eine Folge ihrer inhomogenen Zusammensetzung
.32 Wenigstens angemerkt soll werden, daß das
Amt des Zunftmeisters und damit die Vertretung
der Zünfte im Rat - durch die Zunftmeister und
„Zusätze" - ganz überwiegend in den Händen der
begüterten Zunftmitglieder lag.33
Als ausgesprochene „Proletarierzunft" galt die
der Rebleute, „in die [außer den wirklichen Rebleuten
und Gärtnern] nur gesteckt wurde, was man
anderwärts nicht unterbringen konnte".34 Sie galt
als sozial und politisch unsicher und war Gegenstand
argwöhnischer Beobachtung. 1497 machte der
Rat der Zunft den Vorwurf, sie nähme Mitglieder
auf „und wijst nieman, wer sij werend, hieltend also
gantz kein Ordnung". Die Beherbergung von Personen
für mehr als 8 Tage wurde deshalb an die Erlaubnis
des Rats gebunden, das Eintrittgsgeld in die
Zunft verdoppelt und von den neu aufgenommenen
Mitgliedern verlangt, während der nächsten
fünf Jahre „nit ze bettlen gon on merklich not, sonder
sich mit siner armut ze erneren".35
Eine besondere Stellung nahmen die Gesellen
und Knechte sowie die Mägde ein. Als in der Regel
unselbständige und unverheiratete Personen lebten
sie überwiegend im Hause ihrer Arbeitgeber - woraus
auch folgt, daß wir über deren Zahl nur beiläufig
unterrichtet sind. Doch lassen die vorhandenen
Hinweise aus der Zeit um 1500 den Schluß zu, daß
die Zahl der Gesellen und Knechte in Freiburg bei
etwa 450 bis 500 lag. Geringfügig kleiner dürfte die
der Mägde gewesen sein.36
In der Zunft besaßen die Gesellen nur eine eingeschränkte
, passive Mitgliedschaft. Zur Organisation
des religiösen, gesellschaftlichen und sozialen
Lebens gründeten sie deshalb eigene „Bruderschaften
". Deren Ordnungen enthalten in der Regel drei
Kernpunkte: Anschluß an eine Kirche, Stiftung einer
Kerze und gemeinsamer Gottesdienst - Einrichtung
einer gemeinsamen Kasse („Büchse") zur
Unterstützung kranker Gesellen und Vorsorge für
ein würdevolles Begräbnis - geselliges Leben in einer
eigenen (Wirts-)Stube.37 Wir können ohne weiteres
davon ausgehen, daß die Gesellenbruderschaften
auch standespolitische Ziele verfolgten -
und dies nicht nur im örtlichen, sondern auch im
regionalen Rahmen.38 Insgesamt deutet alles darauf
hin, daß sich das anfänglich eher patriarchalische
Verhältnis zwischen Meistern und Gesellen versachlichte
und die Distanz zwischen beiden Gruppen
größer wurde. Wenn diese Entwicklung in das 15.
Jahrhundert fällt, so könnte das seinen Grund darin
haben, daß sich - verursacht durch den Arbeitskräftemangel
als Folge des pestbedingten Bevölkerungsrückganges
- die Lage der Gesellen allgemein
verbessert hatte.
Stadtadlige und Handwerker - letztere vermittelt
über die Zünfte - waren auf selbstverständliche
und prinzipiell unstrittige Weise der Stadt mit Rechten
und Pflichten verbunden. Als „politisch berechtigte
Bürgerschaft" hatten sie Sitz und Stimme im
Rat und besetzten die städtischen Ämter; sie trugen
die finanziellen und militärischen Lasten der
Stadt und Waren ihrer Gerichtsbarkeit unterworfen
. Anders stand es mit der Geistlichkeit. Der Welt-
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