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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 346
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0348
Tom Scott - Freiburg und der Bundschuh

tes Mal, am Oberrhein eine allgemeine radikale
Erhebung in Stadt und Land unter dem Vorzeichen
des Bundschuhs anzustiften.

Der oberrheinische Bundschuh 1517

Aus dem Scheitern seiner Pläne zog Joß Fritz den
Schluß, ein neuer Bundschuh könne nur gelingen,
wenn auf anderem Wege und mit einer anderen Zielsetzung
vorgegangen würde. Strategisch hatte es
keinen Sinn, von einem einzigen Dorf auszugehen;
vielmehr mußte gleichzeitig in mehreren Ortschaften
und Gemeinden beiderseits des Rheins geworben
werden. Außerdem erforderte eine landesweite
Verschwörung bewegliche und verschlagene
Aufwiegler. Fritz sah daher von Bauern, die an ihre
Feldarbeit und an ihr Dorf gebunden waren, zusehends
ab. Jetzt verließ er sich auf die Schar von
Vagabunden, die die Straßen des Oberrheins bevölkerten
. Bänkelsänger, Bettler, entlassene Landsknechte
, Quacksalber, Spielleute, die zusammen
eine lebhafte Nachrichtenbörse bildeten, warben
verstohlen in Wirtshäusern und auf Jahrmärkten für
den neuen Bundschuh. Darunter befand sich als
Anführer neben Joß Fritz ein gewisser Stoffel (oder
Veitin) aus Freiburg, eine schattenhafte Figur, von
der sonst nichts bekannt ist.

Mit der Unterwanderung der Bevölkerung von
Land- und Reichsstädten hat Fritz nunmehr Ernst
gemacht. Geheime Zellen von Aufständischen wurden
in mehreren elsässischen Städten nachträglich
entdeckt: zu Molsheim, Rufach und Sulz, die dem
Hochstift Straßburg angehörten; zu Barr und in den
kleineren Reichsstädten Rosheim und Oberehn-
heim. Ob sich in den Städten des Breisgaus die Verschwörung
ebenfalls derart ausgebreitet hat, geht
aus den Verhörprotokollen nicht hervor. Auf dem
Lande sind Teilnehmer in annähernd hundert Dörfern
beiderseits des Rheins belegt, die unter den
verschiedensten feudalen Herren standen - sowohl
geistlich als auch weltlich. Darunter befanden sich
das Hochstift und das Domkapitel Straßburg, die
Markgrafen von Baden und die Grafen von Fürstenberg
, Bitsch-Zweibrücken und Hanau-Lichtenberg
.53 Ländliche Untertanen der Stadt Straßburg

zählten ebenfalls dazu. Der gründlichen und weitflächigen
Vorbereitung des Bundschuhs, die somit
bezeugt ist, wäre freilich ohne einen Wandel in seiner
Zielsetzung kaum Erfolg beschieden. Ein allgemeiner
Aufstand, der von vornherein Stadt und
Land umklammern sollte, konnte nicht länger den
nur örtlich bedingten Beschwerden von Bauern und
Städtern, die unter einer Vielfalt von Herrschaften
lebten, Rechnung tragen. Deshalb begnügte sich der
Bundschuh mit zwei übergreifenden Leitsätzen -
mit der Forderung nach Aufhebung sämtlicher
Schuld- und Zinszahlungen sowie der Abschaffung
aller feudalen Lasten.

Eine gewisse Verflachung des religiösen Impulses
ist dabei nicht zu verkennen. Die Parole von
der göttlichen Gerechtigkeit wurde fallengelassen;
die Teilnehmer hatten nunmehr beim Schlagwort
„St. Georg!" zusammenzulaufen. Eine Fahne mit
religiöser Symbolik wird in keinem Bekenntnis erwähnt
, doch mag dies der dürftigen Quellenüberlieferung
zuzurechnen sein. Ein Schwur fehlte ebenfalls
. Der Daumen der rechten Hand unter zwei
Fingern geklemmt und die Losung „Es ist gut!"
diente als gegenseitiges Erkennungszeichen.54 Der
antiklerikale Tenor der Bewegung scheint zunächst
überhaupt in den Hintergrund getreten zu sein.
Schenkt man dem Bekenntnis von Klaus Fleckenstein
aus Riedselz bei Weißenburg nämlich Glauben
, so wollte man fortan „keiner oberkeit gewertig
und gehorsam sein" außer „einem römischen keiser
und der kirchen".55 Doch mit „Kirche" ist in diesem
Zusammenhang wohl der Papst gemeint, ganz
so wie die Zielsetzung des Bundschuhs bereits 1513
gelautet hatte: Aus diesem Passus darf man keinesfalls
eine prinzipielle Inschutznahme der feudalen
geistlichen Herrschaften herleiten.56

Unverändert blieb dagegen der Vorsatz, bei den
Eidgenossen militärischen Beistand zu suchen.
Diesmal sollte allerdings die Befreiungskampagne
erst an beiden Ufern des Rheins getrennt inszeniert
werden, ehe sich gegen Ende September die verschiedenen
Haufen verbünden und als vereinigtes
Heer zu den Schweizern schlagen sollten. Zuvor
wollten die Rebellen im Elsaß zuerst Rosheim bezwingen
, dann Mittelbergheim, wo sie mit erhebli-

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