Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
117: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498.1998
Seite: 466
(PDF, 95 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1998/0468
Exponate s.io - 5.14

Position und zur Organisation ihrer Staaten. In
gesellschaftlicher Hinsicht bewirkten die
Polizeiordnungen soziale Disziplinierung und
die Stabilisierung zivilisatorischer Verhaltensstandards
.

Die „Reichskleiderordnung"

Die erste „Reichskleiderordnung", die auf dem
Freiburger Reichstag verkündet wurde, legte
fest, aus welchen Stoffen die Kleidung der sozialen
Gruppen (Adel, Bürger, Gelehrte, Reisige,
Handwerker und Bauern) bestehen durfte. Auch
Länge, Schnitt und Zulässigkeit von Zierat wurden
je nach sozialem Stand geregelt.

Die Kleiderordnung stellte ein Instrument
dar, mit dem wenigstens im Bereich der Kleidung
der seit dem 14. Jahrhundert fortschreitenden
Nivellierung der einst streng getrennten
sozialen Gruppen (Aufstieg des Bürgertums in
gesellschaftliche Positionen des Adels) entgegengetreten
werden sollte.

5.10 Bildnisse des Frankfurler Patriziers
Claus Stalburg und seiner Frau
Margaretha Abb. S. 138

Meister der Stalburg-Bildnisse (Jerg Ratgeb?),
1504

Gemälde auf Holz, je 189 x 56 cm (Flügel eines
Altars der Stalburgschen Hauskapelle; Mittelteil
mit einer Kreuzigungsszene verloren)
Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt, Inv. Nr.
845,846
Photos

Nur Bürgern, die in den Adel aufgestiegen, Ritter
oder Doktoren waren, gestattete die Kleiderordnung
das Tragen von Pelzen und Verzierungen
mit Gold, Silber und Perlen.

Lit.: Gollwitzer: Deutsche Reichstagsakten.
1979, S. 735 f.; Ausst. Frankfurt. Jerg Ratgeb.
1985, Nr. 2.

5.11 Drei Bauern im Gespräch
Abb. S. 136

Albrecht Dürer, Nürnberg um 1497
Kupferstich, 10,7 x 7,6 cm
Photo

Für die Kleidung der Bauern und „arbeytend
Leut", ihrer Frauen und Kinder durfte nach der
Ordnung nur Tuch verwendet werden, bei dem
die Elle nicht über einen halben Gulden kostete
. Die Kleider mußten einfach geschnitten -
nicht „gestückelt" - sein. Verzierungen mit
Gold, Perlen, Samt und Seide waren verboten.

Lit.: Gollwitzer: Deutsche Reichstagsakten.
1979, S. 735 f.; Ausst. Karlsruhe. Dürer. 1994,
S. 16, Nr. K59.

5.12 Der Koch und sein Weib
Albrecht Dürer, Nürnberg um 1496
Kupferstich, 11,1 x 7,5 cm

Photo

Nur Tuch von einfacher Qualität, bei dem die
Elle nicht mehr als 3/4 Gulden kostete, durfte
für Hosen und Kappen der Handwerksleute und
ihrer Knechte benutzt werden. Der Stoff für ihre
Röcke und Mäntel sollte „inlendische" Ware sein
und höchstens 171 Gulden kosten. Für Verzierungen
der Kleidung galten die gleichen Beschränkungen
wie bei den Bauern.

Lit.: Gollwitzer: Deutsche Reichstagsakten.
1979, S. 735 f.; Ausst. Karlsruhe. Dürer. 1994, S.
14, Nr. K 58.

5.13 Pfeifer und Trommler Abb. S. 139
Albrecht Dürer, Nürnberg um 1503/05
Gemälde auf Holz (Altarflügel), 94 x 51 cm
Köln, Wallraf-Richartz-Museum, Inv. Nr. 385
Photo

Die Kleidung dieser Musikanten war mit der
Kleiderordnung des Freiburger Reichstags nicht
vereinbar. Danach hatten nämlich kurze Röcke
oder Mäntel mindestens so lang zu sein, daß sie
hinten und vorne „ziemlich und wohl decken".
Auch Goldbesatz wie auf dem roten Umhang
war eigentlich nicht zulässig.

Lit.: Gollwitzer: Deutsche Reichstagsakten.
1979, S. 735 f.; Anzelewsky: Dürer. 1991, Nr. 73.

Ordnung gegen Bettler

Das Bettelwesen wurde in Spätmittelalter und
Frühneuzeit ein stetig wachsendes Problem. Vor
allem die Städte konnten sich des Zustroms mittelloser
und auf die Bettelei angewiesener Menschen
kaum noch erwehren.

Wie bereits auf vorhergehenden Reichsversammlungen
wurde auch in Freiburg in dieser
Frage verhandelt. Der Reichstag beschloß,
das Betteln künftig nur noch notleidenden Personen
zu gestatten, die mit „Schwachheit oder
Gebrechen" belastet waren. Kinder von Bettlern
sollten ihren Eltern entzogen werden und eine
Berufsausbildung in Handwerk oder sonstigem
Dienst erhalten.

5.14 Bettler an der Haustür
und auf dem Markt Abb. S. 141
Petrarcameister (Hans Weiditz?), um 1520
Holzschnitt aus: Francesco Petrarca: Buch von
der Artzney baider Glück. Augsburg 1532,10 x
15,5 cm
Photo

Vor allem gegen Berufsbettler, die nicht selten
Gebrechen vortäuschten, um Mitleid zu erwek-
ken, richtete sich der Bettlerparagraph im Freiburger
Reichstagsabschied. Zu beliebten Tricks
gehörten, wie hier dargestellt, vorgebliche Verstümmelungen
und Krankheit, angebliche
Schwangerschaft und Belastung mit zahlreichen
hungrigen Kindern.

Lit.: Gollwitzer: Deutsche Reichstagsakten.
1979, S. 737; vgl. Oeschger in diesem Band.

Ordnung gegen Zigeuner

Seit dem 15. Jahrhundert tauchten in zunehmender
Zahl Gruppen von „Zigeunern" im Reich
auf. Als soziale und kulturelle Minderheit zogen
sie bald Vorurteile auf sich. So wurden sie
verdächtigt, Spione der Türken zu sein.

Der Freiburger Reichstag forderte alle
Reichsstände dazu auf, in ihren Territorien dem
Treiben der „Zigeuner" Einhalt zu gebieten und
sie bis Ostern 1499 aus den „Landen deutscher
Nation" zu schaffen. Nach diesem Datum sollte
jedermann straflos mit Gewalt gegen sie vorgehen
dürfen.

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