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zwei Beispielen des 12, Jahrhunderts aus Spanien sind drei weitere im Bodensee-
und Alpenraum bekannt, nämlich in Degenau, Meistershofen und Paspels. In allen
drei Fällen unterscheiden sich jedoch die Ausführungen der Darstellung Gottes als
auch die des Brüderpaares.64
Der links dem Christusmedaillon zugewandt stehende Heilige wurde in der Literatur
mangels eines Attributes oder eines präzisen szenischen Kontextes nicht einheitlich
identifiziert. Lediglich die Albe zeichnet ihn als Priester aus. Die Mehrzahl
der Autoren sah in der jugendlichen, bartlosen Figur Johannes den Täufer dargestellt.
Die Gründe für diese Identifikation sowie auch die Erklärung der Funktion des Dargestellten
in Bezug auf Christus sind jedoch sehr unterschiedlich und demnach auch
nicht einheitlich zu bewerten. Während Gomberts Vergleich mit einer spanischen
Darstellung wenig nachvollziehbar erscheint,65 ist Hechts Argumentation für den
sich selbst zum Opfer darbringenden Täufer aus der grundsätzlichen Programmidee
der Opferung heraus plausibler,66 Nach Berschin handelt es sich um den Täufer, der
Christus die Menschen zuführt. Er stützt seine Deutung auf die angenommene Verbindung
zwischen Krozingen und St. Gallen und die dortige vor allem unter Ekke-
hart I. (958-72) besondere Verehrung des Täufers. Ekkehart I. bezeichnet in seinem
Sequenztext den Täufer als priesterlichen Mittler, der Christus die Menschen darbringe
.67
Warland sah aufgrund der formalen Analogie mit der Darstellung des fürbittenden
Kirchenpatrones im römischen S. demente in der Krozinger Malerei den fürbittenden
Kirchenpatron Johannes den Täufer.68
Die Identifikation als Täufer bereitet jedoch ein Problem: beim abgeschlagenen
Kopf des Täufers, der Herodes in der Gastmahlsszene dargebracht wird, ist nicht
mehr eindeutig zu erkennen, ob es sich um einen bärtigen oder bartlosen Kopf handelt
. Im Falle des bärtigen Kopfes wäre die Veränderung des Kopftypes vom bartlosen
stehenden Täufer zum bärtigen hingerichteten innerhalb eines Werkes ohne
Vergleich. Werth, von der Bärtigkeit des Kopfes ausgehend, identifiziert deshalb den
stehenden Heiligen als eine andere Figur, nämlich als Johannes den Evangelisten. Er
argumentiert hierbei mit der gelegentlich anzutreffenden Verbindung der beiden
Johannesfiguren zu einem Doppelpatrozinium. Einmalig wäre jedoch die Gegenüberstellung
der Einzelfigur des Evangelisten mit der szenischen Darstellung des
Täufers, so daß diese Benennug mit großer Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist.69
Die horizontalen Bildfelder seitlich der Mittelalchse sind der Passion des Täufers
nach Mt. 14,6-10 und Mk. 6,21-29 als Teilzyklus gewidmet. Die durch das Fenster
getrennten Szenen werden dabei als erzählerische Einheit betrachtet. Die Szenenauswahl
widerspricht jedoch der Chronologie der Erzählung. Zur Linken des
zentralen Christus wurde Salome beim Gastmahl tanzend mit der Ubergabe des
Hauptes vereinigt. Auf der heraldisch rechten Seite ist die in der Erzählchronologie
dazwischenliegende Hinrichtung dargestellt. Im Vordergrund stand hier demnach die
dramatische Verschmelzung der Szenen. Ganz im Gegensatz dazu werden die Ereignisse
in den Darstellungen der Enthauptungs- und Gastmahlsszene in den drei erhalteten
Beispielen der Reichenauer Buchmalerei chronologisch erzählt, d. h. dem
Gastmahl mit dem Tanz der Salome folgt die Hinrichtung des Täufers, die von der
Ubergabe des Hauptes durch Salome an ihre Mutter abgeschlossen wird. Es handelt
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