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Dimension aus. Es kann nur spekuliert werden, daß es sich aufgrund der Einfachheit
des Baues und der fehlenden Bauorganisation mit großer Wahrscheinlichkeit nicht
um einen königlichen oder bischöflichen Hof handelte. Es bleiben somit vor allem
die Möglichkeiten eines herrschaftlichen Hofes oder aber eines dem herrschaftlichen
Zentrum - wie z. B. einem Kloster - untergeordneten Wirtschaftshofes.
Neben der Lage des Hofes ist nun auch das Faktum der ehemaligen Westempore
zu berücksichtigen. Hier ist der Frage nachzugehen, ob die Westempore hinsichtlich
einer Funktion zu interpretieren ist. In der Forschung etablierte sich auf der einen
Seite die pauschale Definition der Westempore als Sitz des Herrschers, die sich aus
der byzantinischen Tradition auf Westwerke, Westeintürme mit Emporen und Westemporen
allgemein übertrug.80 Auf der anderen Seite gab es sowohl berechtigte Einwände
gegen die Ausschließlichkeit der Bezeichnung der Westempore als Herrscherempore81
als auch gegen die aufgezeichnete Genese der Westempore.82 Auch
innerhalb des enger eingegrenzten Spektrums der Westempore mit direkten Zugängen
ist keine allgemeine Funktionsbenennung möglich, da Westemporen in Klosterkirchen
nicht mit Westemporen in Pfalz- oder Burgkapellen gleichzusetzen sind.83
So ist festzuhalten, daß ohne den direkten Kontext keine Aussagen zur Nutzung der
Westempore möglich sind. Diese Frage muß demnach für die Glöcklehof-Kapelle
offen bleiben.
Unabhängig von der konkreten Nutzung ist jedoch die Möglichkeit einer potentiellen
Bedeutung der Westempore zu bedenken.84 Hierbei wäre zu überlegen, ob
nicht eine zumindest latent vorhandenen Bedeutung von Westemporen als Ausdruck
hierarchischen Denkens anzunehmen ist und die Westempore somit als ein „herrschaftliches
Attribut" verstanden werden kann.
Die heutige Bedeutung der Glöcklehof-Kapelle für die Forschung
Die Orientierung der Glöcklehof-Kapelle an qualitätsvollen Vorbildern ist nicht nur
in der Wahl des Bautypes zu erkennen, sondern auch in den partiell erhaltenen
Resten der Fresken. Die Komplexität der Programmidee legt den Einfluß eines
Klosters nahe. Natürlich liegt es aufgrund einzelner Motivverwandtschaften mit der
Reichenauer Buch- und Wandmalerei nahe, dort auch den Schlüssel zum Programm
zu vermuten, tatsächlich ist er jedoch zumindest in den erhaltenen Werken nicht zu
finden.
Betrachtet man nun, wie beim Bau und bei der Ausstattung der Kapelle die jeweiligen
Vorbilder umgesetzt wurden, so fällt hier eine gewisse Diskrepanz auf. Der
Bau mit seinem schlecht abgesteckten Grundriß und der schlichten Mauertechnik erfuhr
durch den Einsatz der differenzierten Putztechnik eine klare Aufwertung. Im
Falle der Malereien liegt ein gewisses Mißverhältnis zwischen dem vielschichtigen
Inhalt der Fresken und den Mängeln in der Ausführung vor, da z.B. mehrmals der
Platz für das vorhergesehene Motiv kaum genügt und es dadurch zu ungewünschten
Überschneidungen kommt. So gilt für die Architektur wie für die Fresken, daß vermutlich
aus dem Umfeld des Bauherrn bekannte Elemente aufgegriffen und im
Rahmen des Möglichen ausgeführt wurden. Da die Kapelle kaum ein Ort der Entwicklung
neuer Ideen und Techniken gewesen sein dürfte, ist hier von der Rezeption
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