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Heitersheim, das Priorat Böhmen (Osterreich) und schließlich die Priorate Ungarn,
Dacien und Polen. Als statusmäßig umstrittene Einheit des Priorats Deutschland ist
noch die bereits genannte lutherische Balley Brandenburg anzuführen. Die schweizerischen
, elsässischen und niederländischen Gebiete hatten keinen eigenen sowie
erst recht keinen Sonderstatus innerhalb des Priorats.
Christian Sebastian von Remchingen wurden weitere Auszeichnungen im altehrwürdigen
Hospitalorden zuteil, als er im März 1775 zum Großprior Deutschlands
gewählt und damit Nachfolger Schauenburgs wurde. Remchingen blieb bis an sein
Lebensende im August 1777 Großprior. Sein bereits genannter Ordensbruder Johann
Joseph Benedikt Graf von Reinach zu Toussemagne folgte ihm in diesem Amt
nach.32 Als Oberhaupt des Priorats Deutschland und damit vor Ort als Oberhaupt der
gesamten deutschen Zunge wurde ihm der Ehrentitel eines Großkreuz-Ritters verliehen
. Zugleich wurde er qua Amt deutscher Reichsfürst mit allen Rechten und
Pflichten im Reiche. Am Konventssitz selber, in der Ordenszentrale auf Malta,
wurde die deutsche Zunge aber vom Großballi vertreten. Lediglich als „Mittelbehörde
" unterstanden dem deutschen Großprior die anderen Priorate der Zunge
sowie deren Untergliederungen, die Balleien und Kommenden.33
In den frühen Jahren seiner Ordenslaufbahn waren Remchingen die Kommenden
in Überlingen (1721),34 Wesel und Borken (1724),35 Robdorff (1755)3* und Klein-
erdlingen (1771)37 zugesprochen worden. Auf allen Pfründen und Kommenden
lastete eine Abgabenpflicht, die im allgemeinen ein Drittel der Nettoeinkünfte der
jeweiligen Kommende betrug.38 Im Ordensarchiv auf Malta sind die Eintragungen
von diesen Abgaben, den sog. Responsionen, erhalten. Diese Responsionen waren
an das Schatzamt, den Comun Tesoro, des Ordens abzuführen. Allem Anschein nach
war Remchingen bis zu seinem Todestag den diesbezüglichen Pflichten nachgekommen
.39 Allerdings war es zwischendurch zu Begebenheiten gekommen, die
Remchingens Namen gelegentlich in der Liste der säumigen Schuldner, der debitori
cavalieri, erscheinen ließen.40
Wie seine Vorgänger, so zeichnete auch der portugiesische Großmeister Anton
Vilhena Manoel einige Ritter als Großkreuz-Ritter ad honores aus. Zu ihnen zählte
Baron Franz Anton von Schönau (10. März 1722), Graf Wenceslao von Harach
(4. November 1726) und Baron Christian Sebastian von Remchingen (11. Februar
1727).41 Darüber hinaus wird Remchingen in verschiedenen Magistraldekreten des
Großmeisters Emanuel Pinto de Fonseca erwähnt, so in den Jahren 1746, 1756,
1759, 1765 und 1770.42
Am 25. Oktober 1731 brechen Remchingen und Dr. Francesco Farrugia, ein hervorragender
maltesischer Jurist, von Malta nach Rom auf.43 Kurz nach der Ankunft
in Rom hatte Remchingen ein Dossier in seinem Besitz, das überschrieben war mit
„Rappresentanza al Ministero di Roma intorno al presente stato della Religione di
Malta, sotto il governo del Granmaestro Antonio Vilhena " („Darstellung für den
Ministero di Roma betreffend den derzeitigen Zustand der Religion auf Malta unter
der Regierung des Großmeisters Anton Vilhena").44 Dieses inkriminierende Dokument
gegen den Großmeister führte dazu, auf Malta sofort den Ordensrat zur Lagebesprechung
einzuberufen. Remchingen, der in gutem Glauben handelte, hielt es für
zweckdienlich und angebracht, dem Großmeister den Inhalt des Dokuments zur
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