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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 89
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2000/0091
Mehrfach änderte sie ihre Aussagen, behauptete, einzelne Geschehnisse vergessen
zu haben und erklärte wiederholt unter Tränen, nun endlich zur Entlastung ihres
Gewissens die ganze Wahrheit sagen zu wollen. Offenkundig war sie vor allem
bemüht, ihre Herkunft zu verschleiern. Das Freiburger Gericht sah sich gezwungen,
mit einer Reihe von Orts-, Gerichts- und Kirchenobrigkeiten zu korrespondieren, um
einen Uberblick zu gewinnen. Daher ist der Umfang der Prozeßunterlagen ungewöhnlich
groß. Wie das Freiburger Gericht können wir ihre Aussagen angesichts des
offiziellen Schriftverkehrs überprüfen, zumal auch die Protokolle weiterer Verhöre
am 27. Juni, 8, August, 7. Oktober, 19. Oktober und 13. November erhalten sind, in
denen die Delinquentin mit den Schreiben konfrontiert wurde.

Die Nachforschungen ergaben, daß ihr wirklicher Name Catharina Baumännin
war. Im Februar 1705 war sie in Weilersbach bei Villingen als Tochter des Tagelöhners
Hans Martin Baumann zur Welt gekommen und am 13. jenes Monats in der Villinger
Pfarrkirche katholisch getauft worden.10 Angeblich wegen einer bösen Stiefmutter
lief sie mit sieben oder acht Jahren von zu Hause weg zu einem Verwandten,
wo sie nicht lange - genaue Angaben lassen die Akten nicht zu - blieb. Wohl kaum
älter als zehn Jahre war sie, als sie in Lahr in Magdsdienste eintrat und sich dort etwa
fünf Jahre aufhielt. Danach zog sie weiter in das Elsaß, wo sie in Mutzig und Barr
ebenfalls als Magd arbeitete. In letzterem Ort war sie auch als „Sabbatmagd" tätig.
Sabbatmägde hatten die Aufgabe, in jüdischen Haushalten diejenigen Arbeiten zu
verrichten, welche Juden an ihrem Ruhetag verboten waren.11 Somit war sie also bereits
mit jüdischem Leben in Berührung gekommen. Auch hatte Catharina Baumännin
schon bei evangelischen wie katholischen Herren gedient. War ein Ort evangelisch
, so ging sie in den evangelischen Gottesdienst.

Erstmals für das Jahr 1727 ist belegt, daß sie eine bequemere Einkommensquelle
als die Magdsdienste entdeckt hatte. Sie gab in diesem Jahr in Rottweil12 an, eine
Jüdin aus Kandel in der Pfalz zu sein, die sich zum Katholizismus bekehren wollte.
Auch winke ihr in absehbarer Zeit ein reiches Erbe. Man schickte sie in das Jesuitenkolleg
, wo sie von einem Pater in den Glaubenswahrheiten instruiert wurde. Bis
zu ihrer Taufe in einem feierlichen Gottesdienst13 am „Weißen Sonntag" am Beginn
der Fastenzeit wurde sie allerdings nicht mehr aus den Augen gelassen, so daß sie
schließlich eine doppelt getaufte Katholikin war, und zwar im zweiten Fall auf den
Namen Maria Teresia Francisca Renata. Der Bürgermeister, so berichtete sie dem
Freiburger Gericht, sei ihr Taufpate gewesen. Etwas später gelang es ihr dann, aus
Rottweil zu entweichen.

Es blieb nicht bei dieser Taufe. Als Catharina Baumännin im Sommer 1728 in
Schlettstadt14 ankam, war sie hochschwanger. Auch hier gab sie sich als konversionsbereite
Jüdin aus, wurde in das Spital aufgenommen und von einem Dominikaner
und einem Kapuziner in Glaubensdingen unterwiesen. Indes wurde sie im
Kindbett von einem schweren Fieber angegriffen und schließlich, da man um ihr
Leben fürchtete, samt dem kurz nach der Geburt gestorbenen Kind notgetauft. Offensichtlich
war es dem Pfarrer hier sehr Emst damit, eine Seele zu retten, auch wenn
er mit der „Wiedertaufe" unwissentlich nach zeitgenössischen Vorstellungen genau
das Gegenteil tat.

Catharina Baumännin hatte weder in Rottweil noch in Schlettstadt beabsichtigt,

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