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flikt. In Steinbach war sie zu lange geblieben. Der Amtmann des Ortes erhielt von
der baden-badischen Regierung den Befehl, sie bis zu einer gerichtlichen Untersuchung
festzusetzen. Er sperrte sie in einen Raum des Pfarrhauses, hatte allerdings
die Rechnung ohne den Pfarrer des Nachbarortes Sinzheim gemacht. Dieser war
wegen der vermeintlichen Jüdin nach Steinbach gekommen und ließ sich von der
Internierten von der Lauterkeit ihrer Absichten überzeugen. Die abendlichen Trinkgewohnheiten
des Amtmanns nutzend, verhalf er ihr zur Flucht, nicht ohne ihr noch
ein Almosen zu verehren.
In weit ernstere Schwierigkeiten geriet Catharina Baumännin jedoch im Herzogtum
Württemberg. Als sie Anfang 1730 wieder in das Herzogtum kam, machte sie
zunächst die Erfahrung, daß die zentralisierten, auf Stuttgart ausgerichteten Strukturen
der evangelischen Landeskirche ihren Betrug erschwerten. Sie wurde von den
örtlichen Pfarrern zumeist nur für kurze Zeit aufgenommen und nach Stuttgart gewiesen
. Der Tübinger Vogt befragte sie ausführlich: „Sie mir zur Antwort geben, daß
Sie eine Judenfraw von Freyburg seye, und allda einen reichen Juden zum Mann,
samt 6. Kinder habe, dieweilen Sie aber zu Collmar, allwo Sie Ihres Handels halber,
sich lange aufgehalten hätte, Gelegenheit gehabt, in christliche Kirchen zu kommen,
auch das Heylig Neue Testament gelesen hob, seye Sie dardurch solcher gestalten
gerührt und auf geweckt worden, daß Sie sich resolvirt, der Regul deß Messiae zu folgen
, Mann und Kinder zu verlassen, und den Heyligen Christlichen Glauben anzunehmen
, davon Sie dann auch öfters gegen Ihren Mann gesprochen, von diesem aber
mit hartten schlügen darüber tractieret worden, biß Sie endlich Gelegenheit gefunden
, Ihre beste Sachen zu versteckhen, und dann auch selbst fortzugehen. "19 Als sich
allerdings zeigte, daß sie nicht ein jüdisches Gebet sprechen konnte, wurde der Vogt
mißtrauisch. Catharina Baumännin sah sich veranlaßt, Tübingen fluchtartig zu verlassen
.
Wenige Tage später, am 4. Februar 1730, kam sie nach Wildbad, wo man sich ihrer
erinnerte, da sie sich hier bereits 1729 aufgehalten hatte und nach Stuttgart geschickt
worden war, damit dort die Konversion vorgenommen würde. Ihr Verschwinden aus
Stuttgart im September 1729 war auch in Wildbad bekannt geworden. Somit erhielt
der SpezialSuperintendent des Ortes unverhofft Gelegenheit, diesen Sachverhalt aufzuklären
, ließ die Verdächtige festsetzen und unterzog sie einer längeren Befragung,
von der eine Abschrift auch in den Freiburger Akten vorhanden ist.20 Catharina
Baumännin entschied sich für eine offensive Verteidigungsstrategie und eröffnete
dem Vogt, ihr Verschwinden aus Stuttgart habe die Ursache gehabt, daß sie an den
Hof nach Ludwigsburg gerufen worden sei. Dort habe man, obwohl ihr jüdischer
Mann 40.000 Gulden für ihre Auslieferung geboten habe, die Taufe im Beisein der
Herzogin feierlich vollzogen. Sie habe im Moment des Taufaktes „eine ohnaus-
sprechliche Ruhe und Wolleben " in ihrer Seele verspürt und sei im übrigen von Personen
des Hofs reich beschenkt worden. Diese recht unverfrorene Lügengeschichte
war offenbar ein verzweifelter Versuch, dem Amtmann Respekt einzuflößen. Dem
war kein Erfolg beschieden. Vielmehr setzte der Vogt das Verhör desto energischer
fort und ließ ihre Sachen durchsuchen. Dabei wurden zwei Rosenkränze und ein Katechismus
von Canisius entdeckt, womit ihre angebliche Neigung und Konversion
zum Luthertum um so unglaubwürdiger schien. Schließlich erreichte der Amtmann
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