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ihr Geständnis, daß sie eine Betrügerin sei. Zu einer Bestrafung kam es jedoch nicht
mehr, weil sie erneut zu entfliehen vermochte.
Das gelang ihr in Freiburg nicht, so daß erst dort die Justiz gegen sie zum Zuge
kam. Die Rottweiler Vorgänge des Jahres 1727 sollten sie den Kopf kosten, denn
ein Gutachten der Rechtsfakultät der Universität Freiburg vom 29. Dezember 1730
stellte fest, daß auf Wiedertäuferei die Todesstrafe stehe. Zwar könne man über die
in Schlettstadt erfolgte Taufe hinwegsehen, da die Delinquentin wegen ihres
Krankheitszustandes nicht zurechnungsfähig gewesen sei, doch müsse sie aufgrund
der Rottweiler Taufe mit dem Schwert hingerichtet werden, Der Delinquentin war
die Gefahr, in der sie schwebte, mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Beginn der
gerichtlichen Untersuchung an bewußt So ist zu erklären, daß sie zunächst die
Taufe in Rottweil so lange als möglich verschwieg bzw. bestritt und auch ihre Herkunft
- und damit die erste katholische Taufe nach ihrer Geburt - zu verschleiern
trachtete*
Das Urteil des Freiburger Gerichts vom 3. Januar 1731 folgte dem Vorschlag der
Rechtsprofessoren, Die Hinrichtung erfolgte am 5. Januar. Sei es, daß die Delinquentin
wußte, was von ihr erwartet wurde, sei es, daß sie die letzte Möglichkeit zur
Rettung ihrer Seele ergreifen wollte und vielleicht auch bewegt durch das Buch über
das Leben der heiligen Margaretha von Cortona,21 das ihr gegeben worden war, sei
es, daß sie diese Motive miteinander verband, jedenfalls vermerkt das Ratsprotokoll
über ihre Hinrichtung: Als „die Execution filrgenomben worden, so die arme Sünderin
mit eben der großmuoth, mit welcher Sye das todts Urth[ei]l angehört, zu jedermanns
grosen aedification herzhafft ausgestandten, auch wehrend jeder Vorbe™
reythung zum todt so wohl auch in hinausfüehrung auf den Richt=Plaz solche actus
erwekht, welche in d[ er]gleichen fühlen hier niemahlen gesehen wordfen], undt allein
einer ausserordentlicher gnad Gottes zue zueschreiben seyndt"22 Der reuige
Sünder, so das kirchliche Dogma, konnte auf göttliche Gnade hoffen,23 Reue vor der
Hinrichtung eröffnete dem Delinquenten eine letzte und, da keine Gelegenheit zu
weiteren Sünden bestand, recht erfolgversprechende Möglichkeit, seiner Seele den
Heilsweg zu öffnen, Mehr noch, der reuige Delinquent konnte durch eine vorbildlich
-schicksalsergebene Haltung noch die Zuschauer seiner Hinrichtung zu christlichem
Lebenswandel bekehren.24 Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, daß ausgerechnet
die Hinrichtung einer falschen Konvertitin dem Freiburger Gericht die
Hoffnung gestattete, mittels harter Justiz eine Seele gerettet zu haben.
Ein Einzelfall?
Daß Catharina Baumännin ihren bemerkenswerten Betrug über Jahre geradezu virtuos
praktizierte und davon leben konnte, läßt zunächst den Eindruck aufkommen,
hier liege ein Sonderfall von bestenfalls pittoreskem Unterhaltungswert vor. Gleichwohl
können wir aus ihrem Fall einiges über die frühneuzeitliche Konversionspraxis
lernen. Im übrigen: Catharina Baumännin war keineswegs die erste Person, die
wegen vorgetäuschter Konversionswilligkeit vor Gericht stand. Im Juni 1589 wurden
Untersuchungen gegen den getauften Juden Johannes Conradus eingeleitet, weil
dieser sich in ketzerischer Weise gegen die katholische Messe geäußert habe. Dabei
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