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Jesuiten und den Kapuzinern gewesen zu sein, um ihren Übertritt zum Katholizismus
vorzubereiten. Davon wußten die beiden Konvente allerdings nichts.30
Auffallend ist die Häufung von Konversionsbetrug um das Jahr 1730. Hier ist aber
vor vorschnellen Schlußfolgerungen zu warnen, weil um 1720 Dichte und Umfang
der Gerichtsakten deutlich zunehmen; Es ist durchaus denkbar, daß auch im 17. Jahrhundert
falsche Konvertiten vor dem Freiburger Gericht standen, obwohl die erhaltenen
Gerichtsakten keinen Hinweis auf derartige Falle zulassen.31
Auch wenn Catharina Baumännin also nicht die einzige Person war, die wegen
vorgetäuschter Konversionsbereitschaft vor das Freiburger Gericht kam, so waren
„echte" Konversionen doch weitaus häufiger. Solche Personen galten, wenn sie ihr
Anliegen glaubhaft machen konnten, als zu rettende Seelen, die Unterstützung verdienten
. Markus Völkel hat anhand von Konversionen einiger Fürsten und Adeligen
dargestellt, daß ein Wechsel der Konfession bzw. des Glaubens im konfessionellen
Zeitalter immer auch mit einem Milieuwechsel zusammenfiel.32 Das traf im Prinzip
für die Oberschicht genauso zu wie für Handwerker, Tagelöhner und Bauern. Wer
seinen angestammten Glauben verließ, brach damit soziale Brücken ab, verließ seine
Familie (sofern diese nicht geschlossen konvertierte), ja in der Regel sein gesamtes
soziales Umfeld und seine Klientelbindungen, da der Konfessionswechsel in der
Regel mit einem Orts- und Herrschaftswechsel verbunden wan War die Konversion
Teil eines Heiratsprojekts, so hatte der Konvertierende kaum Schwierigkeiten zu erwarten
. Er (häufiger sie) wechselte von einem Beziehungssystem in ein anderes und
hatte sich der Konfession seiner oder ihrer neuen Umgebung anzupassen. Stand der
Konfessionswechsel aber nicht mit einer Heirat oder der Aussicht auf eine Stelle in
Zusammenhang, drohte dem Konvertiten eine Außenseiterrolle in der Gesellschaft.
Diese Umstände waren in beiden Konfessionen durchaus bekannt und wurden vor
allem auf der katholischen Seite, die in der zweiten Hälfte des 17, Jahrhunderts und
im frühen 18. Jahrhundert sehr um die Anbahnung von Konversionen bemüht war,
diskutiert. Der Kapuziner Valerianus Magni (1586-1661) zum Beispiel, ein erfahrener
Missionar, der vor allem in Böhmen tätig war,33 beschrieb 1653 in einem Schreiben
an die römische Propagandakongregation Schwierigkeiten in der Anbahnung
von Konfessionswechseln. Personen niederen Standes seien kaum zu Konversionen
zu bewegen, weil sie nur schlecht aus ihren Abhängigkeitsverhältnissen zu lösen waren
.34 Also war es vonnöten, Konversionswillige zu unterstützen, ihnen Unterkunft
und Verpflegung zu bieten und eine finanzielle Starthilfe zu offerieren, vielleicht sogar
eine Anstellung zu verschaffen. Beispielsweise zahlte die Stadt Luzern Konversionswilligen
wiederholt kleinere Geldbeträge und stellte ihnen für einige Zeit
Wohnraum in der Stadt zur Verfügung.35 Der Luzerner Nuntius Ladislao d'Aquino
berichtete 1612 nach Rom, er unterhalte stets einige Konvertiten.36 Auch das Konstanzer
Domkapitel vermerkte in seinen Protokollen wiederholt die Gabe von Almosen
(in der Regel 2 Gulden) an Konvertiten.37 Catharina Baumännin nutzte also
eine durchaus gängige Praxis, um sich durchs Leben zu schlagen.
Sie setzte mit ihrem Betrug an einer Schwachstelle der Konversionspraxis an. Die
beiden Konfessionen und die weltlichen Obrigkeiten verfolgten mit ihren Hilfeleistungen
für Konversionswillige die Absicht, nicht nur Personen zu erreichen, die aufgrund
von Heirat oder Anstellung ohnehin gezwungen waren, einen Konfessions-
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