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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
119.2000
Seite: 118
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Hartmannsweilerkopf und am Lingekopf waren unmittelbar als nach Freiburg herüberziehende
Donner und Blitze des Krieges zu vernehmen. Direkt wahrnehmbar
wurde der Krieg auch für ein anderes Sinnesorgan, als infolge der Fliegerangriffe
und der dazu gehörenden Abwehrmaßnahmen die Stadt regelmäßig mit Sprengstoffgeruch
eingehüllt wurde.

So dramatisch die unmittelbaren Auswirkungen des Kampfes das Kriegserlebnis
in Freiburg prägten, so lasteten sie doch viel leichter auf der Stadt als die indirekten
Folgen des Krieges. Diese paralysierten die Stadtwirtschaft weitgehend und stellten,
trotz aller öffentlichen Aufregung über die Fliegerangriffe, die größten Herausforderungen
an die Stadtgemeinde. Auch dieser Aspekt des Krieges war in der Trauerfeier
auf dem Hauptfriedhof abzulesen. Die Firma Himmelsbach, deren Verwaltungsgebäude
schwer von den Bomben getroffen worden war und deren kaufmännische Angestellten
die Mehrzahl der Opfer zu betrauern hatten, war zwar nicht das Ziel der
Flieger, aber angesichts der zentralen Rolle, die diese Firma in der Kriegswirtschaft
spielte, war ihr Schicksal auch aus militärischen Überlegungen heraus plausibel. Die
Firma war Holzlieferant und - mit Filialen in Metz, Schweinfurt, Speyer, Regensburg
, Frankreich und Belgien - Hersteller von imprägnierten Holzprodukten, u. a.
von Eisenbahnschwellen, Telephonstangen und Leitungsmasten - alles Gegenstände,
die sich in diesem Krieg einer regen Militärnachfrage erfreuten, nicht zuletzt in Verbindung
mit dem Truppen verkehr zwischen Freiburg und der oberrheinischen Front.8

Die Gebrüder Himmelsbach gehörten damit zu den sogenannten „kriegswichtigen
" Freiburger Firmen, eine Gruppe, die aus mehreren dutzend Betrieben bestand;
u. a. aus Webereien und Zwirnereien (etwa für Papiergarn) und aus größeren Betrieben
im Motorenbau und Baugewerbe und in der Metallverarbeitung.9 Die Auszeichnung
brachte sowohl unentbehrliche Vorrechte mit sich, namentlich den Zugang zu
Rohstoffen, Kohle und hilfsdienstpflichtigen Arbeitern, als auch unmittelbare staatliche
Aufsicht über die Arbeitsverhältnisse (eines der Himmelsbachschen Opfer war
z.B. Mitglied des im Frühjahr 1917 auf staatliche Anordnung eingerichteten Firmenbetriebsrats
). Die Vorteile überwogen aber bei weitem die Nachteile, und die so
erlesenen Firmen konnten ein leidliches, manchmal recht rentables Dasein führen.
Die überwältigende Mehrzahl der Freiburger Betriebe konnte ihnen dagegen diesen
Status nur neiden, denn für sie bedeutete der Krieg eher eine Krise. Die Freiburger
Stadtväter waren seit Mitte des vorigen Jahrhunderts bestrebt, die sich aus ungünstigen
Verkehrsverbindungen ergebende geographische Isolation und den Mangel an
industriellen Ressourcen dadurch zu nutzen, daß sie die Stadt als „alldeutsche Pen-
sionopolis," als Zufluchtsort für Touristen, Rentner und Studenten attraktiv zu machen
suchten.10 Die Folge war, daß sich eine Dienstleistungswirtschaft entwickelte,
deren Grundlagen vor allem im Baugewerbe, Handel und in der Gastwirtschaft lagen
und wo Handwerk und Kleinbetriebe den Charakter des örtlichen Unternehmertums
prägten. In der Regel erwiesen sich nach Kriegsbeginn die meisten derartigen Unternehmen
als „kriegsunwichtig". Darüber hinaus kam die kleinbetriebliche Gestaltung
von Handel und Industrie den kriegswirtschaftlichen Ämtern, die für die Verteilung
von Aufträgen und der dazu gehörenden Rohstoffe und Arbeitskräfte zuständig
waren, als nachteilig weil ineffizient vor, zumal der südliche Frontsektor nur
ein Nebenschauplatz des Krieges blieb.11

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